Regeln für die Vergabe öffentlicher Aufträge

Öffentliche Aufträge werden von Nutzern öffentlicher Gelder und von Einrichtungen, die unter besonderen, wettbewerbsfreien Voraussetzungen (z. B. in den Bereichen Energie- und Wasserversorgung, öffentlicher Verkehr und Postdienste) tätig sind, für den Erwerb von Dienstleistungen, Lieferungen oder Bauarbeiten vergeben.

In der Regel müssen Aufträge von mittlerem und höherem Auftragswert im Zuge wettbewerblicher Verfahren (Ausschreibungen) vergeben werden, wobei allerdings eine Reihe von Ausnahmen besteht, z. B.:

  • Erwerb von Immobilien
  • extrem dringende Fälle
  • Fälle, in denen es nur einen möglichen Anbieter gibt

Verfahrensarten

Der übliche Weg der Auftragsvergabe ist die Ausschreibung. Dabei gibt es unterschiedliche Vergabeverfahren.

Offenes Verfahren

In einem offenen Verfahren kann jedermann ein vollständiges Angebot einreichen. Dieses Verfahren wird am häufigsten angewandt.

Nicht offenes Verfahren

Jedermann kann die Teilnahme an einem nicht offenen Verfahren beantragen, jedoch dürfen nur in die engere Wahl kommende Teilnehmer ein Angebot einreichen.

Verhandlungsverfahren

Jedermann kann die Teilnahme an einem Verhandlungsverfahren beantragen, jedoch werden nur in die engere Wahl kommende Teilnehmer zur Abgabe eines Erstangebots und zur Verhandlung aufgefordert.

Beschaffungsstellen können dieses Verfahren nur anwenden, wenn die besondere Art oder Komplexität der Beschaffung Verhandlungen erfordert. Beschaffungsstellen in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit, Wasser- und Energieversorgung sowie Verkehr und Postdienste können dieses Verfahren hingegen als Standardverfahren anwenden.

Wettbewerblicher Dialog

Dieses Verfahren kann von der Vergabestelle mit dem Ziel angewendet werden, eine Methode anzubieten, um einem von der Vergabestelle festgelegten Bedarf zu entsprechen.

Innovationspartnerschaften

Dieses Verfahren kann angewendet werden, wenn eine Ware oder eine Dienstleistung erworben werden muss, die auf dem Markt immer noch nicht verfügbar ist. An diesem Verfahren kann eine Reihe von Unternehmen teilnehmen.

Wettbewerb

Dieses Verfahren wird angewendet, um eine Idee für eine grafische Gestaltung zu erhalten.

Zusätzliche Ausschreibungsmöglichkeiten

Je nach Umständen und Erfordernissen kann eine Vergabestelle

  • bei Ausschreibungen, die wiederkehrende Käufe beinhalten, mit einem oder mehreren Unternehmen eine Rahmenvereinbarung unterzeichnen
  • bei nicht offenen Verfahren die Anwendung des elektronisch arbeitenden dynamischen Beschaffungssystems für wiederkehrende Käufe erlauben
  • beschließen, über den endgültigen Zuschlag in Form einer elektronischen Auktion zu entscheiden, um so das beste Angebot zu bekommen

Wann und wie werden die EU-Vorschriften angewandt?

Alle Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge in der EU werden auf der Grundlage nationaler Vorschriften durchgeführt. Bei Aufträgen von höherem Auftragswert basieren diese Vorschriften auf den allgemeinen EU-Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge.

Die Wertgrenzen ( Schwellenwerte), die ausschlaggebend dafür sind, wann EU-Vorschriften angewendet werden, hängen vom Kaufgegenstand ab und davon, wer den Kauf tätigt. Diese Schwellenwerte werden regelmäßig überprüft, und die Beträge werden geringfügig angepasst.

Die wichtigsten Schwellenwerte sind:

  • 143 000 EUR für die meisten Arten von Dienstleistungen und Lieferungen, die von zentralen staatlichen Behörden erworben werden
  • 5 538 000 EUR für Bauaufträge

Sie können die einzelnen Schwellenwerte für die Vergabe öffentlicher Aufträge en auch direkt mit Ihren nationalen Vorschriften vergleichen.

Bei Ausschreibungen von geringem Auftragswert gelten ausschließlich die nationalen Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe. Gleichwohl sollten die allgemein in der EU geltenden Grundsätze von Transparenz und Gleichbehandlung beachtet werden.

Im Wettbewerb um eine öffentliche Ausschreibung – Ihre Rechte

Länderübergreifende Angebote

Wenn Ihr Unternehmen, Ihre Organisation oder Ihre Institution in der EU niedergelassen ist, können Sie an jeder öffentlichen Ausschreibung in jedem beliebigen EU-Land teilnehmen. Ihre Rechte:

  • Sie können ohne Diskriminierung an einer öffentlichen Ausschreibung in einem anderen EU-Land teilnehmen.
  • Sie können Unterlagen (Bescheinigungen, Diplome usw.) einreichen, die in Ihrem Land ausgestellt wurden.
  • Sie haben gleichberechtigten Zugriff auf sämtliche Informationen zu den Ausschreibungen, unabhängig davon, in welchem EU-Land Sie niedergelassen sind.
  • Sie haben Zugang zu den Nachprüfungsverfahren im jeweiligen Land.

Gründe für einen Ausschluss

Die Teilnahme an einem Verfahren kann Ihnen verweigert werden, wenn Sie oder Ihr Unternehmen nicht vertrauenswürdig sind. Beispielsweise

  • werden Bieter ausgeschlossen, wenn sie ihre Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge nicht entrichten, an Korruption beteiligt sind oder Verbindung zu einer kriminellen Vereinigung haben.
  • können Bieter ausgeschlossen werden, wenn sie sich im Konkursverfahren befinden oder im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben.

Die einzelnen Gründe für einen Ausschluss finden Sie in die Richtlinien im Abschnitt „EU-Rechtsvorschriften" (die Links sind unten auf der Seite aufgeführt), in Ihrem nationalen Vergaberecht sowie in den Unterlagen, die von der Beschaffungsstelle zur Verfügung gestellt werden.

Wann wird eine öffentliche Ausschreibung auf TED veröffentlicht?

Grundsätzlich sind Ausschreibungen zur Vergabe öffentlicher Aufträge, die unter die EU-Vorschriften fallen, auf dem TED-Portal ( Tenders Electronic Daily), der Online-Version des Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, bekannt zu machen. Öffentliche Stellen können sich auch dann für eine Bekanntmachung auf dem TED-Portal entscheiden, wenn ein Auftrag von geringem Auftragswert ist. Auf TED sind die grundlegenden Informationen zu Ausschreibungen in allen EU-Amtssprachen abrufbar.

Vorabinformation zu bevorstehenden Ausschreibungen

Beschaffungsstellen können auch die Vorabinformation auf dem TED-Portal veröffentlichen. Ziel der Vorabinformation ist es, Sie im Vorfeld über das anstehende Vergabeverfahren zu informieren.

In der Regel wird die Vorabinformation 35 Tage bis 12 Monate vor der Veröffentlichung der Bekanntmachung veröffentlicht.

Wird eine Ausschreibung im Anschluss an eine Vorabinformation veröffentlicht, so kann die Frist zur Abgabe von Angeboten verkürzt werden.

Evaluierung

Die Bewertung der Angebote erfolgt durch die Vergabe von Punkten auf der Grundlage vorab veröffentlichter Kriterien, wobei die einzelnen Kategorien separat bewertet werden: Beispielsweise kann das Preisangebot 40 % ausmachen, die technischen Merkmale 50 % - und die Umweltaspekte 10 %.

Mit der Bewertung der Angebote darf erst nach Ablauf der Einreichungsfrist begonnen werden.

Zuschlagserteilung

Sie erfahren schnellstmöglich, ob Sie den Zuschlag erhalten haben. Sofern Sie den Zuschlag nicht erhalten, haben Sie Anspruch auf eine Begründung, weshalb Ihr Angebot nicht berücksichtigt wurde.

Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie diskriminiert wurden, oder Unregelmäßigkeiten im Verfahren festgestellt haben, können Sie eine Überprüfung des Verfahrens beantragen oder Beschwerde einreichen.

Elektronischer Rechnungsversand:

Wenn Sie einen öffentlichen Auftrag oder eine Konzession erhalten haben, dürfen Sie an die Stelle, die den Auftrag vergeben hat, elektronische Rechnungen versenden, sofern diese der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung entsprechen.

Alle zentralisierten nationalen Verwaltungen in der EU müssen Ihre Rechnungen akzeptieren. In manchen Ländern müssen ab April 2020 auch nachgeordnete öffentliche Stellen elektronische Rechnungen akzeptieren. Überprüfen Sie die Rechtslage in Ihrem Land en .

EU-Recht

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Zuletzt überprüft: 27/06/2024
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