Gründung einer Europäischen Genossenschaft
Eine Genossenschaft ist eine Gesellschaft in Händen einer Gruppe von natürlichen oder juristischen Personen, die sowohl die Vorteile als auch die Entscheidungsbefugnisse teilen. Im Gegensatz zu traditionellen, auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Unternehmen orientieren sich die Genossenschaften an den Belangen ihrer Mitglieder.
Wenn Sie Mitglied einer Genossenschaft sind, die über die EU-Grenzen hinaus wachsen will, ist die Gründung einer Europäischen Genossenschaft (Societas cooperativa Europaea, SCE) eine gute Möglichkeit. Mit dieser Rechtsform können Sie innerhalb eines einzigen Rechtsrahmens in mehreren Ländern tätig sein und so einen besseren Zugang zu größeren Märkten haben, international zusammenarbeiten und Größenvorteile erzielen.
Zentrale Anforderungen und Gründung
Die zentralen Anforderungen für eine Europäische Genossenschaft (SCE) sind:
- ein Mindestkapital von 30 000 EUR
- Eintragung in dem EU-Land des Hauptgeschäftssitzes
- Mitgliedschaft von natürlichen oder juristischen Personen aus mindestens zwei verschiedenen EU-Ländern
Eine SCE kann auf dreierlei Weise gegründet werden:
- durch eine Neugründung von mindestens fünf natürlichen oder zwei juristischen Personen aus verschiedenen EU-Ländern,
- Zusammenlegung von zwei oder mehr bestehenden Genossenschaften
- oder durch die Umwandlung einer bestehenden Genossenschaft, die seit mindestens zwei Jahren in einem anderen EU-Land tätig ist.
Fallbeispiel
Von der regionalen zur europäischen Ebene: wie sich drei Genossenschaften für erneuerbare Energien zusammenschlossen
Drei Genossenschaften für erneuerbare Energien aus Spanien, Dänemark und Belgien wollten bei der Entwicklung von Solar- und Windkraftprojekten europaweit zusammenarbeiten. Um die Geschäftstätigkeiten zu vereinfachen und den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern, haben sie beschlossen, eine Europäische Genossenschaft (SCE) zu gründen. Mit Mitgliedern aus mindestens zwei EU-Ländern, einem zusammengelegten Kapital von 30 000 EUR und der Eintragung in Belgien, wo die SCE ihren Hauptsitz hat, erfüllten sie die zentralen Anforderungen. Sie einigten sich auf eine Leitungsstruktur mit einem Leitungsorgan, das die täglichen Tätigkeiten überwacht, und einem Aufsichtsgremium. Als eine einzige juristische Person können sie nun bessere Verträge aushandeln, ihre Projekte ausweiten und Ressourcen effizienter über Grenzen hinweg gemeinsam nutzen.
Leitungsstruktur
Die Abstimmung erfolgt in der Regel nach dem genossenschaftlichen Grundsatz „ein Mitglied, eine Stimme“, obwohl in bestimmten Fällen gewichtete Abstimmungen zulässig sind.
Mindestens einmal jährlich muss eine Generalversammlung stattfinden. Bei dieser werden Beschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst – mit Ausnahme von Änderungen der internen Satzung, für die eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. Ihre Leitungsstruktur kann entweder ein zweistufiges System mit einem Leitungsorgan und einem Aufsichtsorgan oder ein einstufiges System mit einem einzigen Verwaltungsorgan, was Flexibilität ermöglicht, sein.
Personalvertretung
Vor der Eintragung einer SCE muss ein besonderes Verhandlungsgremium bestehend aus Arbeitnehmervertretern aus allen beteiligten Ländern gebildet werden. Dieses Gremium arbeitet mit der Genossenschaftsleitung zusammen, um das Ausmaß und die Art der Arbeitnehmerbeteiligung, einschließlich Informationsaustausch, Konsultation und in einigen Fällen auch Beteiligung in Entscheidungsgremien, zu vereinbaren.
Steuern
Mit Blick auf Steuerfragen wird eine SCE wie jedes andere multinationale Unternehmen behandelt und zahlt in jedem Land, in dem sie tätig ist, Steuern.
Weiter unten finden Sie länderspezifische Informationen.