Arbeitszeit
Wenn Sie Personal beschäftigen, müssen Sie die EU-Vorschriften über Arbeitszeiten kennen und einhalten. Sie müssen die in den EU-Richtlinien festgeschriebenen Mindeststandards hinsichtlich täglicher und wöchentlicher Ruhezeiten, Pausen, Nachtarbeit, Jahresurlaub sowie der wöchentlichen Höchstarbeitszeit beachten.
Warnhinweis
Die Vorschriften und Tarifverträge für Arbeitnehmer*innen in Ihrem Land können günstiger sein, daher sollten Sie immer genau wissen, welche Vorschriften gelten.Arbeitszeit
Als Arbeitgeber müssen Sie sicherstellen, dass die Wochenarbeitszeit (einschließlich Überstunden) Ihrer Beschäftigten 48 Stunden nicht überschreitet. Je nach den geltenden nationalen Vorschriften gilt für diese Obergrenze der Durchschnitt über einen Zeitraum von bis zu 4, 6 oder 12 Monaten.
Tägliche und wöchentliche Ruhezeiten
- Tägliche Ruhezeit: Die tägliche Ruhezeit Ihrer Beschäftigten muss mindestens 11 aufeinanderfolgende Stunden in jedem Zeitraum von 24 Stunden betragen.
- Wöchentliche Ruhezeit: Ihre Beschäftigten haben Anspruch auf eine ununterbrochene wöchentliche Ruhezeit von mindestens 24 Stunden je 7 Tage über einen Zeitraum von 2 Wochen.
Ruhepausen
Falls Ihre Beschäftigten mehr als 6 Stunden an einem Tag arbeiten, müssen Sie sicherstellen, dass sie eine Pause einlegen (deren Dauer tarifvertraglich oder im nationalen Recht geregelt ist).
Nacht- und Schichtarbeit
Wenn mindestens 3 Stunden der täglichen Arbeitszeit Ihrer Beschäftigten oder ein bestimmter Anteil ihrer jährlichen Arbeitszeit in einem durch das nationale Recht festgelegten Zeitraum von 7 Stunden
– der die Zeit zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens umfasst – fällt, gelten sie als Nachtarbeiter. Auch wenn sie nicht jeden Tag Nachtschichten leisten, aber regelmäßig im Laufe des Jahres nachts arbeiten, gelten sie als Nachtarbeiter und haben somit Anspruch auf besondere Schutzmaßnahmen.
- Arbeitszeitbegrenzungen: Nachtarbeiter*innen dürfen im Durchschnitt innerhalb von 24 Stunden nicht mehr als 8 Stunden arbeiten. Den Bezugszeitraum legt der jeweilige Mitgliedstaat fest. Wenn die Arbeit mit besonderen Gefahren oder erheblicher körperlicher oder geistiger Beanspruchung verbunden ist, darf die tägliche Höchstdauer von 8 Stunden in keinem 24-Stunden-Zeitraum (es gilt kein Durchschnittswert) überschritten werden.
- Untersuchungen des Gesundheitszustands: Nacht- und Schichtarbeiter*innen müssen vor Aufnahme der Nachtarbeit und danach Anspruch auf kostenlose Untersuchungen ihres Gesundheitszustands haben. Diese erfolgen in regelmäßigen Abständen und unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht. Wenn Ihre Beschäftigten aufgrund von Nachtarbeit gesundheitliche Probleme haben, müssen Sie sie nach Möglichkeit in die Tagarbeit oder in eine geeignetere Schicht versetzen.
Fallbeispiel
Emmas Anspruch auf Schutzmaßnahmen für Nachtarbeiter*innen in einer rund um die Uhr geöffneten Fabrik
Emma arbeitet als Wartungstechnikerin in einer Fabrik, die rund um die Uhr in Betrieb ist. Sie muss nicht jeden Tag Nachtschichten leisten, aber etwa zweimal im Monat ist sie für die Nachtschicht von 23 Uhr bis 7 Uhr eingeteilt. Im Laufe eines Jahres machen diese regelmäßigen Nachtschichten einen gewissen Anteil an ihrer Gesamtarbeitszeit aus. Da sie über das ganze Jahr hinweg regelmäßig Nachtschichten leistet, wird Emma als Nachtarbeiterin eingestuft. Somit hat sie Anspruch auf die oben beschriebenen Schutzmaßnahmen, wie z. B. die Begrenzung der Nachtarbeitszeit und regelmäßige Untersuchungen des Gesundheitszustands.
Jahresurlaub
Gemäß den EU-Arbeitszeitvorschriften haben Ihre Beschäftigten Anspruch auf mindestens vier Wochen bezahlten Urlaub pro Jahr. Wenn Sie Zeit- und Teilzeitkräfte beschäftigen, haben diese anteilig Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub. Beschäftigte, die krankheitsbedingt ausfallen, haben das Recht, ihren Jahresurlaub für einen anderen Zeitraum zu nehmen. Sollten Ihre Beschäftigten also während eines geplanten Jahresurlaubs krankgeschrieben sein, haben sie das Recht, den Jahresurlaub auf eigenen Wunsch zu einem anderen Zeitpunkt zu nehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob der krankheitsbedingte Ausfall vor oder während des geplanten bezahlten Jahresurlaubs beginnt.
Ruhezeiten unter außergewöhnlichen Umständen
Wenn die Arbeit erfordert, dass Anwesenheit, Dienst oder Produktion fortlaufend gewährleistet sind, können Sie je nach nationalem Recht und Tarifverträgen begrenzte Ausnahmen von den in den EU-Vorschriften festgelegten Mindestruhezeiten anwenden. Dies ist für Beschäftigte in folgenden Bereichen zulässig:
- Krankenhäuser und ähnliche Einrichtungen
- Feuerwehr- oder Katastrophenschutzdienste
- Industriezweige, in denen der Arbeitsprozess aus technischen Gründen nicht unterbrochen werden kann
- Landwirtschaft
Solche Ausnahmen können auch in einem anwendbaren Tarifvertrag vorgesehen werden, vorausgesetzt, dass die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten gewahrt werden. Alle Ausnahmen unterliegen jedoch strengen Bedingungen. Für jede versäumte Ruhezeit müssen Sie Ihren Beschäftigten eine gleichwertige Ausgleichsruhezeit gewähren, die unmittelbar auf die auszugleichende Arbeitsperiode folgt.
Fallbeispiel
Krisenreaktion und Ausgleichsruhezeiten: Paulines Erfahrung als Pflegekraft
Während eines schweren Unwetters wird Pauline, eine Pflegekraft, gebeten, über ihre Schicht hinaus zu bleiben, weil die Zahl der Notfälle steigt. Normalerweise bekäme sie eine 11-stündige Ruhezeit, aber die wird wegen der Krise aufgeschoben. Sobald sich die Situation beruhigt hat, erhält Pauline am nächsten Tag zusätzliche Erholungszeit.
Warnhinweis
In Ausnahmefällen, in denen die Gewährung von Ausgleichsruhezeiten objektiv nicht möglich ist, muss Beschäftigten dennoch ein angemessener Schutz gewährt werden.Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft
Beschäftigte in Sektoren wie dem Gesundheitswesen, Notdiensten und der technischen Wartung müssen häufig Bereitschaftsdienst bzw. Rufbereitschaft leisten. Wenn Ihre Beschäftigten Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft leisten müssen, sollten Sie die EU-Vorschriften zur Berechnung der Arbeitszeit dafür kennen.
Bereitschaft: Müssen sich Beschäftigte während des Bereitschaftsdienstes am Arbeitsplatz oder an
einem anderen vom Arbeitgeber festgelegten Ort aufhalten, so gilt diese Zeit nach
EU-Recht als Arbeitszeit und muss in vollem Umfang angerechnet werden.
Fallbeispiel
Der Bereitschaftsdienst von Maria im Krankenhaus zählt als Arbeitszeit
Maria ist Ärztin in einem Krankenhaus und ist für einen Bereitschaftsdienst eingeteilt. Sie muss im Krankenhaus bleiben, um in Notfällen helfen zu können. Während ihres Bereitschaftsdienstes muss sie, auch wenn sie nicht aktiv Patienten behandelt, vor Ort bleiben und sofort erreichbar sein. Nach EU-Recht zählt die gesamte Zeit als Arbeitszeit.
Rufbereitschaft: Befinden sich Beschäftigte in „Rufbereitschaft“, d. h. nicht an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort (z. B. zu Hause), bestimmen die Auflagen des Arbeitgebers, ob ein Teil oder die gesamte Rufbereitschaft als Arbeitszeit gilt. Verhindern die den Beschäftigten vom Arbeitgeber auferlegten Einschränkungen während der Rufbereitschaft nicht, dass die betroffene Arbeitskraft eigenen Interessen nachgeht, ist nur die Zeit, die mit der tatsächlichen Erbringung von Leistungen verknüpft ist, als Arbeitszeit anzusehen. Bedenken Sie, dass die nationalen Rechtsvorschriften über die Auslegung der Rufbereitschaft unterschiedlich sind und dass es zudem besondere Bedingungen und Vereinbarungen geben kann.
Fallbeispiel
EU-Arbeitszeitvorschriften für die Rufbereitschaft: Der Fall von Alex
Alex ist Wartungstechniker und hat eine Nacht pro Woche Rufbereitschaft. Er kann sich zu Hause oder an einem anderen Ort seiner Wahl in der Nähe seines Arbeitsplatzes aufhalten. Sein Arbeitgeber verlangt von ihm, dass er alle Anrufe entgegennimmt (d. h. er kann nicht entscheiden, ob er einen Anruf entgegennimmt oder nicht), und er muss innerhalb von fünf Minuten nach dem Anruf am Arbeitsplatz sein. Nach EU-Vorschriften zählt die gesamte Rufbereitschaftszeit als Arbeitszeit.
Ausnahmeregelungen
Sofern das nationale Recht dies zulässt, können Sie mit einem Bediensteten eine Vereinbarung treffen, dass er über das 48-Stunden-Limit hinaus arbeitet. Ihre Beschäftigten können ihre Zustimmung verweigern oder diese jederzeit widerrufen, ohne dass dies Auswirkungen hat. Sie müssen aktuelle Listen über alle Beschäftigten führen, die eine solche Arbeit leisten. Diese Ausnahmeregelung gilt ausschließlich für wöchentliche Höchstarbeitszeit und nicht für die anderen Arbeitszeitvorschriften.
Fallbeispiel
Francescos Recht, der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben Vorrang einzuräumen
Francesco, ein IT-Spezialist, wird gebeten, gelegentlich für bestimmte Projekte von der 48-Stunden-Woche abzuweichen. Da ihm die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben wichtig ist, lehnt er ab. Sein Arbeitgeber respektiert seine Entscheidung und gestattet ihm, seine normale Arbeitszeit ohne negative Auswirkungen beizubehalten.
Sonderfälle
- Beschäftigte im Verkehrssektor: Wenn Ihre Beschäftigten Dienstleistungen in der Personen- oder Güterbeförderung im Bahn-, Flug-, Straßen- oder Schiffsverkehr durchführt, müssen Sie besondere Arbeitszeitregelungen einhalten.
- Junge Beschäftigte: Wenn Sie junge Beschäftigte haben, gelten auch besondere Arbeitszeitregelungen.
Nachstehend finden Sie länderspezifische Informationen.