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Europa hat Geburtstag! - 50. Jahrestag des Vertrags von RomLeiste für Sprachenauswahl ausblenden (Schnelltaste=2) 01/02/2008
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David Reinert: die italienische Stimme im europäischen Aufbau

David Reinert: die italienische Stimme im europäischen Aufbau
David Reinert, das „Dolmetsch-Ass“.

29/05/07

Als „Dolmetsch-Ass“ wurde David Reinert dem damaligen amerikanischen Präsidenten Teddy Kennedy von Walter Hallstein vorgestellt – nur wenige Jahre nach der Unterzeichnung des Vertrags von Rom, die David aus der italienischen Dolmetschkabine verfolgte. Bald danach kam er zur Kommission. Seine Sporen hatte er sich schon bei Konrad Adenauer verdient. Zwei Tage vor der Unterzeichnung des Vertrags dann ein Anruf, ob er aushelfen könne. Gerne! Wusste er doch, dass dies eine einmalige Gelegenheit sein würde. Weitere sollten folgen ...

Er erinnert sich noch gut an diesen Tag: In Rom regnete es, und vor dem Campidoglio harrten zahlreiche Menschen unter ihren Regenschirmen aus. Das historische Ereignis wurde über Lautsprecher live übertragen. „Die Menschen hörten nicht die Staats- und Regierungschefs und den Bürgermeister von Rom, sondern den italienischen Dolmetscher – das heißt mich –, denn ich war der einzige Dolmetscher in der italienischen Kabine.“

Die Vertragszeremonie Version „David“ wurde auch über das italienische Radio übertragen, das heißt ganz Italien hörte mit. Sogar bei der Geburt eines kleinen Mädchens in einer Klinik im Süden Italiens soll David Reinert „Taufpate gestanden“ haben. Sie wurde Europa genannt. „Ich habe keine Ahnung, was aus ihr geworden ist. Ich kann nur spekulieren: Sie wäre heute 50, wahrscheinlich verheiratet, Kinder mit dem Namen…?”

Nach der Zeremonie ging David zum offiziellen Empfang. Da er keinen Smoking besaß, musste er schnell noch einen kaufen. Eine lohnende Investition, wie sich nach einer 30-jährigen Karriere herausstellen sollte, in der er Kommissare und Minister durch die ganze Welt begleitete.

Im Februar 1959 wurde er offzieller Dolmetscher. In dieser Funktion war er bei den wöchentlichen Treffen der Kommission zugegen und reiste mit den Kommissionspräsidenten zu G-7- und G-8-Gipfeln und EU-USA-Gipfeln. Besonders gut erinnert er sich an ein Treffen zwischen Präsident Nixon und Franco Malfatti. „Wir waren im Gästehaus des Präsidenten, im Blair House, gegenüber vom Weißen Haus untergebracht. Wir wurden von einer schwarzen Limousine abgeholt – für eine Strecke von 100 Metern! Ich fühlte mich wie ein Filmstar.“

Seine Zeit als Dolmetscher bei der Kommission hat er sehr genossen. Er war Dolmetscher mit Leib und Seele und zog es vor, in der Kabine zu sitzen anstatt in der Verwaltung. Aber schließlich kam es doch anders, und er beendete seine Karriere als Direktor des Konferenzdienstes. „Als ich anfing, hatten wir ein oder zwei Meetings oder Konferenzen pro Woche. 1989 waren wir schon bei 50 pro Tag angelangt. Das stellte uns vor ganz neue Herausforderungen. Aber die Arbeit in der Kabine machte immer noch Spaß. Besonders gerührt war ich, als mir Präsident Delors bei meinem letzten Einsatz als Dolmetscher bei der wöchentlichen Zusammenkunft der Kommission öffentlich dankte. Unsere Arbeit wird nicht immer wahrgenommen, aber der Präsident bezeugte seine Wertschätzung auf eine sehr persönliche Art und Weise.“

Auch heute noch arbeitet David als freiberuflicher Dolmetscher und hilft in Notfällen aus. Zu Hause sitzen und mit seinen zahlreichen Haustieren seine Rente genießen, genügt ihm einfach nicht. 50 Jahre sind seit der Unterzeichnung des Vertrags vergangen – und David hat immer noch ein Wörtchen mitzureden.

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