Die vorliegenden Leitlinien und Empfehlungen zur Umsetzung der Verordnung (EU) 2019/788 über die Europäische Bürgerinitiative (im Folgenden „Verordnung“) wurden für die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten (zum Teil auf deren Nachfrage) erstellt. Sie umfassen verschiedene Schritte des Verfahrens für die Europäische Bürgerinitiative, besonders die hinsichtlich der Übermittlung und der Überprüfung von Unterstützungsbekundungen. Als solche werden sie sich auch für die Organisatoren in vielen Punkten als hilfreich erweisen.
Weitestgehend verdeutlichen oder aktualisieren diese Leitlinien und Empfehlungen die Ratschläge, die die Kommission zuvor entweder in Non-Papers, im Schriftverkehr oder in Sitzungen der Expertengruppe für die Europäische Bürgerinitiative erteilt hat. Eventuell müssen sie im Laufe der Zeit auf Grundlage der Erfahrungen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und der Kommission mit ihrer Umsetzung überarbeitet werden.
Informationsaustausch
Registrierung:
Die Kommission informiert die Behörden in den Mitgliedstaaten per E-Mail über die Anträge auf Registrierung vorgeschlagener Bürgerinitiativen, die sie angenommen oder abgelehnt hat.
Start der Sammlungsfrist:
Sobald die Organisatoren die Kommission über das Startdatum der Sammlungsfrist informiert haben, teilt die Kommission dieses Datum den Behörden der Mitgliedstaaten mit. Desgleichen veröffentlicht die Kommission das Datum des Beginns und des Endes der Sammlungsfrist im öffentlichen Register.
Überprüfung von Unterstützungsbekundungen:
Sollten Organisatoren einen Antrag auf Überprüfung nicht über das Datenaustauschsystem der Kommission einreichen, ist die Behörde, bei der der Antrag eingeht, dazu angehalten, die Kommission umgehend darüber zu informieren. Die Kommission teilt diese Information dann mit den Behörden der anderen Mitgliedstaaten. Nutzen die Organisatoren das Datenaustauschsystem der Kommission, wird der Antrag wie unten beschrieben (siehe Abschnitt: „Nutzung des Datenaustauschsystems der Kommission“ samt Hinweis zur Benachrichtigung) bearbeitet.
Rechtliche oder verwaltungstechnische Vorgänge:
Die Mitgliedstaaten informieren die Kommission unverzüglich über alle in ihrem Land laufenden rechtlichen oder verwaltungstechnischen Vorgänge der Organisatoren in Bezug auf den Prozess oder das Ergebnis der Überprüfung von Unterstützungsbekundungen, was einen Aufschub der Vernichtung der Daten im zentralen Online-Sammelsystem bedeutet.
Die Kommunikation zwischen der Kommission und den Behörden der Mitgliedstaaten findet per E-Mail über die funktionale Mailbox der Kommission statt: SG-ECI-EXPERT-GROUP@ec.europa.eu.
Zertifizierung von individuellen Online-Sammelsystemen
Gemäß der neuen Verordnung können sich die Organisatoren immer noch dazu entscheiden, ihr eigenes Online-Sammelsystem für Unterstützungsbekundungen zu verwenden. Diese Option gilt für Initiativen, die bis Ende 2022 registriert werden. Bei Initiativen, die ab 2023 registriert werden, müssen die Organisatoren das zentrale Online-Sammelsystem der Kommission verwenden.
Dieser Abschnitt gilt für Organisatoren, die ihr eigenes Online-Sammelsystem verwenden möchten.
Ein Online-Sammelsystem muss nur einmal in dem Mitgliedstaat zertifiziert werden, auf dessen Gebiet die Daten gespeichert werden. Eine solche Zertifizierung kann von den Organisatoren nur dann beantragt werden, nachdem die vorgeschlagene Initiative bei der Kommission registriert wurde. Das Online-Sammelsystem muss innerhalb eines Monats von der zuständigen nationalen Behörde zertifiziert werden.
Die Mitgliedstaaten erkennen die von den zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten ausgestellten Bescheinigungen für ein Online-Sammelsystem einer Initiative an. Die Weigerung einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats, das Online-Sammelsystem einer bestimmten Initiative zu zertifizieren, kann von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats nicht als Rechtfertigung dafür herangezogen werden, das Online-Sammelsystem derselben Initiative weder zu bewerten noch zu zertifizieren.
Die Anforderungen für Online-Sammelsysteme werden in der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1799 der Kommission (im Folgenden „Durchführungsverordnung“) dargelegt.
Bevor Organisatoren einen Antrag auf Zertifizierung ihres Online-Sammelsystems stellen können, sollten sie die zuständige nationale Behörde kontaktieren, um sicherzustellen, dass sowohl die Organisatorengruppe als auch die zuständige Behörde gut vorbereitet sind. So kann die nationale Behörde die Organisatoren darüber aufklären, welche Dokumente dafür notwendig sind. Hat die Behörde eigene spezifische Sicherheitsregeln und Anforderungen für die Zertifizierung von Online-Sammelsystemen erstellt, muss sie diese den Organisatoren auf Anfrage bereitstellen. Diese spezifischen Regeln müssen mit den allgemeinen technischen Spezifikationen der Durchführungsverordnung vereinbar sein.
Ein Antrag auf Zertifizierung gilt als gestellt, sobald die Organisatoren alle in der Durchführungsverordnung geforderten Unterlagen sowie alle von der zuständigen nationalen Behörde geforderten spezifischen Formulare eingereicht haben. Da die zuständigen nationalen Behörden einen Monat Zeit haben, um die Konformität mit der Durchführungsverordnung zu überprüfen, sollte die betreffende Behörde rasch sicherstellen, dass die eingereichten Unterlagen vollständig sind. Ist dies nicht der Fall, sollten die Organisatoren umgehend darüber informiert und aufgefordert werden, die fehlenden Unterlagen unverzüglich bereitzustellen. Antworten die Organisatoren nicht rechtzeitig, kann die Zertifizierung abgelehnt werden, da die nationale Behörde nicht genügend Zeit hat, um das betreffende Online-Sammelsystem korrekt zu überprüfen. Die nationale Behörde hat allerdings die Möglichkeit, die einmonatige Frist erst dann zu starten, wenn die notwendigen Unterlagen vollständig vorliegen.
Die Behörde des Mitgliedstaats entscheidet anhand der Unterlagen, wie die Übereinstimmung mit den Anforderungen der Durchführungsverordnung zu prüfen ist. Die Prüfung kann Störfestigkeitstests und/oder Eindringungsversuche und erforderlichenfalls sogar Prüfungen an Ort und Stelle umfassen.
Die Zertifizierung eines Online-Sammelsystems durch die Behörde eines Mitgliedstaats dürfte einfacher sein, wenn diese Behörde den betreffenden Dienstleistenden bereits für andere im Rahmen der Verordnung registrierte Initiativen zertifiziert hat und die Organisatoren in ihrem Antrag angegeben haben, dass das System nicht geändert wurde. In solchen Fällen sollte sich die Behörde des Mitgliedstaats in ihrem Zertifizierungsverfahren grundsätzlich darauf konzentrieren, sicherzustellen, dass die zuvor zertifizierten Sicherheitsmaßnahmen weiterhin umgesetzt werden. Dienstleistende sind in diesem Fall als solche zu verstehen, die nicht nur Hostingdienste anbieten, sondern auch die Softwarekomponenten bereitstellen.
Die Bescheinigung wird von der Behörde des Mitgliedstaats ausgestellt, wenn das System über die in Artikel 11 Absatz 4 der Verordnung und die in der Durchführungsverordnung definierten hinreichenden Sicherheits- und sonstigen technischen Merkmale verfügt. Die Bescheinigung ist zeitlich nicht befristet, sodass die Organisatoren diese nicht erneuern müssen. Während der gesamten Sammlungsfrist muss jedoch gewährleistet sein, dass die Systeme die in Artikel 11 Absatz 4 der Verordnung genannten Merkmale und die in der Durchführungsverordnung beschriebenen Spezifikationen erfüllen. Wenn Organisatoren ihr Online-Sammelsystem nach der Zertifizierung in einer Weise ändern, die sich auf die der Zertifizierung zugrunde liegende Bewertung auswirken kann (und über die notwendigen Aktualisierungen hinausgeht, die zur Einhaltung der Verordnungen erforderlich sind), gilt die Bescheinigung nicht für das dann als neu zu betrachtende System. Die Organisatoren müssen daher die Behörde unverzüglich über die am System (oder an den unterstützenden organisatorischen Maßnahmen) vorgenommenen Änderungen informieren und deren Rat einholen, ob sie erneut eine Zertifizierung ihres geänderten Online-Sammelsystems beantragen müssen.
Zertifizierung bedeutet nicht, dass die Organisatoren die Datenschutzverpflichtungen einhalten. Mehr Informationen über die Datenschutzverpflichtungen für Organisatoren erfahren Sie in den Fragen und Antworten.
Formulare für Unterstützungsbekundungen
Den Organisatoren steht es frei, die Formulare zu verwenden, die ihnen in ihrem Organisatoren-Konto auf der Website der Kommission zur Verfügung gestellt werden, oder Formulare, die sie selbst nach den Mustern der Verordnung erstellen. Die Behörden der Mitgliedstaaten können Organisatoren diese Formulare ebenfalls bereitstellen. Deren Verwendung ist allerdings nicht verpflichtend.
Die für die Sammlung von Unterstützungsbekundungen verwendeten Formulare, die in allen EU-Amtssprachen abgefasst sein können, müssen dem Muster in Anhang III der Verordnung entsprechen, die für den jeweiligen Mitgliedstaat gemäß Anhang III erforderlichen Daten (Teil A oder Teil B) sowie die wichtigsten Informationen über die Initiative, wie sie im Register der Europäischen Bürgerinitiativen veröffentlicht werden, enthalten.
Zwar sollten die Formulare der Organisatoren vollständig dem Muster in Anhang III entsprechen, können aber durch ein Logo oder ein Bild der Initiative ergänzt werden.
Das Formular sollte aus einem einzigen Blatt bestehen (auch doppelseitig bedruckt), sodass die Unterzeichnenden das gesamte Formular und dessen Informationen einsehen können. Außerdem sollte den Unterzeichnenden vor der Unterzeichnung des Formulars klar sein, an welchen Mitgliedstaat es geschickt wird. Dabei muss es sich um den Mitgliedstaat handeln, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen (oder der Mitgliedstaat einer ihrer Staatsangehörigkeiten).
Im Falle einer teilweisen Registrierung der Initiative durch die Kommission müssen die Formulare den Umfang der Initiative in der registrierten Form wiedergeben. Die Formulare, die den Organisatoren in ihrem Konto auf der Website der Kommission zur Verfügung stehen, enthalten die entsprechenden Informationen.
Die Behörde eines Mitgliedstaats ist nicht befugt, neue, von den Organisatoren entworfene Formulare zu „genehmigen“. Bei Zweifeln an der Übereinstimmung mit dem in Anhang III enthaltenen Muster können sich die Behörden der Mitgliedstaaten erforderlichenfalls an die Kommission wenden.
Die Formulare finden keine Anwendung für eine über den elektronischen Identitätsnachweis (eID) erteilte Unterstützung (siehe Artikel 9 Absatz 2 letzter Unterabsatz der Verordnung).
Unterzeichnende
Gemäß Artikel 2 der Verordnung müssen die Unterzeichnenden, in jedem Fall Unionsbürger/innen, je nach Entscheidung des betreffenden Mitgliedstaats das Mindestalter für das aktive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament oder das Alter von 16 Jahren erreicht haben. Das Wahlrecht oder die Eintragung in das Wählerverzeichnis für die Wahl zum Europäischen Parlament darf keine Voraussetzung dafür sein, eine Bürgerinitiative unterstützen zu können. Die Mitgliedstaaten müssen lediglich sicherstellen, dass der/die Unterzeichnende alt genug ist. Die Mitgliedstaaten überprüfen die Unterstützungsbekundungen ihrer Staatsangehörigen, unabhängig von deren Wohnsitz.
Wenn ein Mitgliedstaat beschließt, das Mindestalter für die Unterstützung einer Bürgerinitiative herabzusetzen, oder wenn er beschließt, das Mindestalter für die Teilnahme an den Wahlen zum Europäischen Parlament herabzusetzen (was zu einer Herabsetzung des Mindestalters für die Unterstützung einer Bürgerinitiative führt), teilt er der Kommission diese Änderung unter Angabe des Datums der Anwendung mit. Diese Mitteilung sollte vorzugsweise drei Monate im Voraus erfolgen, damit die Kommission und die Organisatoren die Möglichkeit haben, die Änderung in die entsprechenden Formulare aufzunehmen.
Mehr zu Datenanforderungen
Übermittlung von Unterstützungsbekundungen zur Überprüfung
Allgemein
Die Organisatoren können bei jeder zuständigen Behörde des Mitgliedstaats nur einen Antrag auf Überprüfung der Unterstützungsbekundungen pro Initiative stellen. Dies können sie nur dann, wenn sie die in der Verordnung vorgesehene Mindestzahl von Unterstützungsbekundungen gesammelt haben. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sie in einem bestimmten Mitgliedstaat eine Mindestanzahl erreicht haben, damit dieser Mitgliedstaat die Überprüfung durchführen kann.
Die Kommission veröffentlicht das Enddatum der Sammlungsfrist im Register (zwölf Monate nach dem von den Organisatoren für den Beginn ihrer Sammlung festgelegten Datum). Obwohl die Sammlungsfrist zwölf Monate beträgt, können die Organisatoren beschließen, die Sammlung früher zu beenden (Artikel 8 Absatz 1). Die Organisatoren müssen dann innerhalb von drei Monaten nach diesem Datum ihre Überprüfungsanträge bei den zuständigen nationalen Behörden einreichen.
In Papierform gesammelte Unterstützungsbekundungen und solche, die über ein Online-Sammelsystem gesammelt wurden, müssen getrennt eingereicht werden.
Die online gesammelten Unterstützungsbekundungen sind in diesem elektronischen Format einzureichen.
In Papierform gesammelte Unterstützungsbekundungen können in Papierform oder umgewandelt in einem elektronischen Format (z. B. eingescannt als PDF oder JPEG) eingereicht werden.
Die Organisatoren sind nicht dazu verpflichtet, die Unterstützungsbekundungen zu nummerieren, können dies aber tun.
Nutzung des Datenaustauschsystems der Kommission (betrieben über das System s-CIRCABC)
Die von den Organisatoren über das zentrale Online-Sammelsystem gesammelten Unterstützungsbekundungen werden von der Kommission über das Datenaustauschsystem an die Behörden der Mitgliedstaaten weitergeleitet.
Die Organisatoren können sich auch dafür entscheiden, ihre in Papierform gesammelten und eingescannten oder online über ein individuelles Online-Sammelsystem gesammelten Unterstützungsbekundungen über das Datenaustauschsystem einzureichen.
Nutzen die Organisatoren das Datenaustauschsystem, gilt die dreimonatige Frist für die Einreichung des Überprüfungsantrags. Zu beachten ist, dass es nach der Einreichung durch die Organisatoren bis zu fünf Arbeitstage dauern kann, bis die Kommission die Übertragung abgeschlossen hat. Das Datum des Antrags ist das Datum, an dem die Organisatoren die Einreichung angefordert haben.
Sobald die Kommission die Übermittlung abgeschlossen hat und die Dateien in s-CIRCABC verfügbar sind, überprüfen die Mitgliedstaaten, ob die Dateien in einem lesbaren Format vorliegen, und bestätigen den Organisatoren und der Kommission, dass die Dateien in ordnungsgemäßem Zustand eingegangen sind. Eine Empfangsbestätigung und der anschließende Schriftverkehr mit den Organisatoren erfolgt außerhalb des Datenaustauschsystems.
Es ist nicht auszuschließen, dass Organisatoren , die s-CIRCABC für die Einreichung ihrer in Papierform und/oder über ein individuelles System gesammelten Bekundungen nutzen, ihre Dateien im falschen MS-Ordner in s-CIRCABC ablegen. Da die Kommission keinen Zugang zu den darin enthaltenen Daten hat, kann sie dies nicht überprüfen. Wenn die Dateien mit dem öffentlichen Schlüssel des Mitgliedstaats verschlüsselt sind, bei dem die Unterstützungsbekundungen eingereicht werden sollten, kann der Mitgliedstaat, der diese Dateien irrtümlich erhält, sie nicht lesen. Nur wenn die Dateien irrtümlich mit dem öffentlichen Schlüssel dieses irrtümlich adressierten Mitgliedstaats verschlüsselt sind, kann die Behörde dieses Mitgliedstaats auf die Dateien zugreifen. In beiden Fällen unterrichtet die Behörde des Mitgliedstaats so schnell wie möglich die Organisatoren und die Kommission und löscht die Dateien im Einvernehmen mit den Organisatoren.
Ausführliche Informationen über die Handhabung des Datenaustauschsystems finden Sie in der spezifischen Dokumentation, die an die Expertengruppe verteilt wurde.
Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten werden darauf hingewiesen, dass
- sie über eine Schlüsselverwaltung für den Zugriff auf die Dateien in s-CIRCABC verfügen müssen (einschließlich der Zuweisung der Zugriffs- und Nutzungsrechte für die Schlüssel und der Versionsverwaltung), um sicherzustellen, dass alle Schlüssel vor unbefugtem Zugriff geschützt sind,
- sie an den Tests der s-CIRCABC-Verfahren teilnehmen, die von der Kommission zweimal im Jahr organisiert werden; dazu zählen auch die Tests zur Gültigkeit der Schlüssel (und ihrer Versionen), die für den Zugriff auf die von der Kommission oder den Organisatoren hochgeladenen Dateien verwendet werden,
- sie eine automatische Benachrichtigung von s-CIRCABC erhalten, sobald die Dateien zum Download bereitstehen. Anschließend ist von den zuständigen Behörden sicherzustellen, dass die Überprüfung innerhalb des in der Verordnung vorgeschriebenen Zeitrahmens durchgeführt wird.
Überprüfung von Unterstützungsbekundungen
Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten müssen innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Unterstützungsbekundungen geeignete Kontrollen gemäß den nationalen Rechtsvorschriften und der nationalen Praxis durchführen, um diese zu überprüfen (Artikel 12 Absatz 4). Auf dieser Grundlage ermitteln und bescheinigen sie die Anzahl der gültigen Unterstützungsbekundungen. Die Ausstellung der Bescheinigung ist kostenlos.
Die Behörden der Mitgliedstaaten müssen die Unterstützungsbekundungen in einer der EU-Amtssprachen akzeptieren. Der Inhalt der im Formular angegebenen Initiative muss jedoch mit der Sprache des im Register der Europäischen Bürgerinitiativen veröffentlichten Textes übereinstimmen.
Die Behörden der Mitgliedstaaten sind nicht dazu verpflichtet, die Echtheit der in Papierform gesammelten Unterschriften zu prüfen, sondern nur deren Kohärenz mit den übermittelten personenbezogenen Daten.
Da die Überprüfung rechtliche Auswirkungen hat, die vor Gericht angefochten werden könnten, müssen bestimmte Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, insbesondere wenn Stichproben verwendet werden.
Stichprobenumfang:
Die Behörden der Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass sie eine statistisch gültige Stichprobe auswählen. Das bedeutet, eine Stichprobe, die ausreichend groß und repräsentativ ist und gegebenenfalls unterschiedliche Risikoniveaus berücksichtigt (z. B. ein höheres Risiko bei Unterstützungsbekundungen, die über einen bestimmten Kanal gesammelt wurden). Dazu sollten sie sich für eine Fehlermarge und ein Konfidenzniveau entscheiden, die sicherstellen, dass die Ergebnisse so genau wie möglich sind. Sie sollten auch prüfen, ob eine Schichtung der Grundgesamtheit vor der Probenahme notwendig ist, z. B. im Hinblick auf mögliche Erhebungsmethoden, insbesondere wenn der Verdacht besteht, dass bestimmte Partien von Unterstützungsbekundungen weniger zuverlässig sind.
Falsche Fehler:
Bestimmte geringfügige Fehler oder Änderungen sollten nicht zur Ungültigkeit der Unterstützungsbekundungen führen, wenn es keinen Hinweis oder Verdacht auf Betrug gibt (z. B. wenn der/die Unterzeichnende einen echten Fehler1 gemacht oder geringfügige Informationen2 ausgelassen hat, die keinen Zweifel an der Echtheit der Unterstützungsbekundung aufkommen lassen oder die Behörden nicht daran hindern, ihn zu identifizieren), oder wenn der/die Unterzeichnende den Wohnsitz seit der Unterzeichnung der Initiative gewechselt hat. Solche Fehler oder Änderungen können unter der Annahme berücksichtigt werden, dass ein gewisser Prozentsatz der für ungültig erklärten Unterstützungsbekundungen eigentlich gültig ist. Im Falle einer automatisierten Überprüfung ist es sinnvoll, die abgelehnten Unterstützungsbekundungen manuell zu überprüfen, um solche falschen Fehler zu erkennen.
Im Zweifelsfall:
Bei der Extrapolation der Stichprobenergebnisse auf die Grundgesamtheit sollten die Behörden der Mitgliedstaaten den Organisatoren einen Vertrauensvorschuss gewähren, indem sie die untere Schwelle des Konfidenzniveaus wählen (d. h. das Intervall, das sich aus der Addition und Subtraktion der Fehlermarge des Ergebnisses ergibt).
Für den Ausgleich des wahrscheinlichen Ergebnisses der Überprüfung – nämlich, dass eine bestimmte Anzahl von Unterstützungsbekundungen für ungültig erklärt wird – sollten die Organisatoren nachdrücklich ermutigt werden, deutlich mehr als die geforderte eine Million Unterstützungsbekundungen zu sammeln.
Liegen mehrere Unterstützungsbekundungen des-/derselben Unterzeichnenden vor, so sollte eine von ihnen als gültig betrachtet werden, anstatt alle für ungültig zu erklären.
Gemäß der Verordnung sind die Mitgliedstaaten lediglich dazu verpflichtet, die Kohärenz der von den Unterzeichnenden gelieferten Daten zu überprüfen, nicht aber deren Willen, eine Initiative zu unterstützen. Das bedeutet, dass es allgemein ausreichend ist, wenn Bürger/innen ein Formular für eine Unterstützungsbekundung in Papierform oder elektronisch ausfüllen, und nicht ein zweites Mal tätig werden müssen, indem sie in Schriftverkehr involviert werden. Hat eine zuständige Behörde jedoch den begründeten Verdacht, dass aufgrund von Unstimmigkeiten in den übermittelten Daten ein möglicher Betrug vorliegt, der die Unterstützungsbekundungen ungültig machen würde, kann die Behörde zusätzliche Prüfungen vornehmen. Dazu gehören das Versenden von elektronischen Nachrichten oder Briefen an die betreffenden Personen, um zu überprüfen, ob die Unterstützungsbekundungen tatsächlich von den betreffenden Personen oder etwa von einem unbefugten Dritten vorgelegt wurden. Eine positive Antwort kann in einem solchen Fall die ansonsten ungültige Unterstützungsbekundung „entschärfen“. Eine negative Antwort reicht aus, um die Unterstützungsbekundung für ungültig zu erklären. Reagiert der/die Unterzeichnende nicht, wird die Unterstützungsbekundung auf der Grundlage der ursprünglichen Bewertung der Dateninkonsistenz für ungültig erklärt.
Die Mitgliedstaaten müssen das Muster in Anhang VI verwenden. Zusätzliche Informationen (z. B. Gründe für die Nichtvalidierung bestimmter Unterstützungsbekundungen und verfügbare Rechtsbehelfe) sind in einem gesonderten Dokument anzugeben.
Kontaktstellen auf nationaler Ebene
Jeder Mitgliedstaat muss eine oder mehrere Kontaktstellen einrichten, um Organisatorengruppen über den rechtlichen Rahmen und die praktischen Aspekte der Europäischen Bürgerinitiative zu informieren und zu unterstützen, unter anderem:
- Informationen und Hinweise zu Zertifizierungs- und Überprüfungsverfahren,
- Informationen über die geltenden nationalen Rechtsvorschriften, einschließlich der Gründung von juristischen Personen, oder Verweise auf Behörden, die Auskunft darüber geben können,
- Informationen über Datenschutz oder Verweise auf Behörden, die Auskunft darüber geben können.
Von den Kontaktstellen wird auch erwartet, dass sie in Zusammenarbeit mit der Kommission und ihren Vertretungen zur Sensibilisierung für die Europäische Bürgerinitiative beitragen. Die Kontaktstellen werden gebeten, das von der Kommission in allen EU-Amtssprachen auf dieser Website zur Verfügung gestellte Material zu nutzen.
1 Der/die Unterzeichnende hat beispielsweise eine Nummer angegeben, die einem anderen als dem genannten Ausweisdokument entspricht (z. B. Reisepassnummer anstelle der Personalausweisnummer).
2 Zum Beispiel die Hausnummer oder die Postleitzahl, wenn die Adresse erforderlich ist.