IP/06/1019
Brüssel, den 19. Juli 2006
Wettbewerb: Kommission fordert Italien auf,
die EU-Vorschriften über elektronische Kommunikation
einzuhalten
Die Europäische Kommission hat beschlossen, ein
Aufforderungsschreiben an Italien zu versenden. Darin verlangt sie Informationen
über die Vereinbarkeit der italienischen Rundfunkvorschriften mit den
EG-Wettbewerbsvorschriften für elektronische Kommunikationsnetze
und -dienste und mit dem neuen EU-Rechtsrahmen für elektronische
Kommunikation. Die Kommission hat Bedenken, ob die italienischen
Rechtsvorschriften die Anforderungen der EU-Wettbewerbsregeln erfüllen, da
sie ungerechtfertigte Beschränkungen für die Erbringung von
Rundfunkübertragungsdiensten vorsehen und den vorhandenen Analogbetreibern
ungerechtfertigte Vorteile verschaffen. Das Aufforderungsschreiben ist die erste
Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens nach Artikel 226 des EG-Vertrags.
Italien muss nun innerhalb von zwei Monaten zu den von der Kommission
vorgebrachten Bedenken Stellung nehmen.
Der Beschluss der Kommission, das Aufforderungsschreiben zu versenden, geht
auf eine Beschwerde der italienischen Verbrauchervereinigung Altroconsumo
zurück, wonach die italienischen Vorschriften für den Übergang
von der analogen zur digitalen terrestrischen Fernsehtechnologie gegen die
EU-Richtlinien 2002/21/EG (Rahmenrichtlinie), 2002/20/EG
(Genehmigungsrichtlinie) und 2002/77/EG (Wettbewerbsrichtlinie) sowie gegen
weitere Vorschriften des EU-Rechts verstoßen sollen.
Nach einer Prüfung hat die Kommission Bedenken, dass die italienischen
Vorschriften möglicherweise tatsächlich Betreiber, die nicht in der
Analogübertragung tätig sind, davon ausschließen, in die digitale
Übertragung einzusteigen und ihre eigenen digitalen Netze aufzubauen.
Darüber hinaus ermöglichen die italienischen Vorschriften vorhandenen
Betreibern, mehr Frequenzen für den Einstieg in die digitale
Übertragung zu erwerben, als sie benötigen, um ihre Programme
gleichzeitig analog und digital auszustrahlen. Schließlich ermöglicht
das Gesetz den etablierten Anbietern, auch nach der Umschaltung weiter die
Frequenzen und Netze für die analoge Übertragung zu kontrollieren und
damit ihren Wettbewerbern die digitale Dividende vorzuenthalten, die sich aus
der verstärkten Kapazität der digitalen Netze ergibt.
Hintergrund
Artikel 2a des Gesetzes 66/01 verhindert die Umsetzung des Plans für die
Neuverteilung der Frequenzen für den analogen Rundfunk. Durch dieselbe
Vorschrift, in Verbindung mit Artikel 25 des Gesetzes 112/04, werden
Rundfunklizenzen auf Analogbetreiber ausgedehnt, die bis zur Umschaltung ohne
Lizenz operieren.
Nach Artikel 23 des Gesetzes 112/04 haben nur die vorhandenen Analogbetreiber
Zugang zum Einstieg in die digitale terrestrische Übertragung, zu
Digitalnetzbetreiberlizenzen und zum Handel mit Frequenzen. Außerdem ist
der Handel mit Frequenzen auf die digitale Übertragung beschränkt, und
die Betreiber behalten auch nach der Umschaltung die Kontrolle über ihre
analogen Frequenzen.
Artikel 23 Absatz 5 des Gesetzes 112/04 ermöglicht Analogbetreibern,
ihre analogen Lizenzen (und damit analogen Netze) bis zur Umschaltung unbegrenzt
in digitale Lizenzen umzuwandeln.
Die Kommission hat Bedenken, dass diese Gesetze den vorhandenen
Analogbetreibern Sonderrechte einräumen und damit möglicherweise gegen
die Artikel 2 und 4 der Richtlinie 2002/77/EG verstoßen, wonach solche
Sonderrechte abgeschafft werden müssen.
Nach Dafürhalten der Kommission verstoßen dieselben Gesetze
möglicherweise auch gegen Artikel 9 der Richtlinie 2002/21/EG und gegen die
Artikel 3, 5 und 7 der Richtlinie 2002/20/EG, da sie
- von den Unternehmen verlangen, eine einzelne Lizenz statt einer allgemeinen
Genehmigung für das Betreiben eines Rundfunkübertragungsnetzes
einzuholen,
- neue Betreiber daran hindern, ein digitales Netz zu errichten und zu
betreiben,
- neue Betreiber daran hindern, Frequenzen für die digitale
Übertragung zu erwerben oder zu nutzen,
- die Anzahl der Frequenzen, die Rundfunkanbieter erwerben können, nicht
auf das Maß beschränken, das unbedingt notwendig ist, um die
derzeitigen analogen Programme durch digitale zu ersetzen, und von den
Betreibern nicht verlangen, dass sie die analogen Frequenzen zurückgeben,
die nach der Umschaltung
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