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Steuern im Dienst von Forschung und Entwicklung

Diese Mitteilung enthält Leitlinien, die den Mitgliedstaaten helfen sollen, die steuerlichen Bedingungen für Forschung und Entwicklung zu verbessern und Fragen von gemeinsamem Interesse kohärenter zu behandeln.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss vom 22. November 2006: „Wege zu einer wirksameren steuerlichen Förderung von FuE" [KOM(2006) 728 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

ZUSAMMENFASSUNG

Im Rahmen ihres Ziels, unter Wahrung der nationalen Zuständigkeiten auf ein kohärenteres und investitionsfreundlicheres Steuerumfeld für Forschung und Entwicklung (FuE) hinzuarbeiten, verfolgt die Europäische Kommission mit dieser neuen Mitteilung folgende Absichten:

  • Erläuterung der Regeln für die Vereinbarkeit von steuerlichen Anreizen mit dem Gemeinschaftsrecht
  • Hervorhebung der bewährten Verfahren im Bereich der Gestaltung steuerlicher Anreize zugunsten der Forschung
  • Vorstellung einiger möglicher Initiativen, die zur Erhöhung der Kohärenz in Europa in Bezug auf Fragen von gemeinsamem Interesse im Bereich Steuern und Forschung beitragen können.

Gemeinschaftsrecht und steuerliche Förderung von FuE

In diesem Abschnitt werden die Rechtsvorschriften für sämtliche steuerlichen Anreize im FuE-Bereich erläutert und Hinweise dazu gegeben, wie die Anreize gestaltet sein müssen, damit sie mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind.

Hauptgrund für die Unvereinbarkeit steuerlicher Anreize mit dem Gemeinschaftsrecht sind Gebietsbeschränkungen*. Diese Beschränkungen können expliziter oder impliziter Art sein. In der Praxis ist jede Gebietsbeschränkung, ob explizit oder implizit, aus Sicht der Europäischen Kommission als Beeinträchtigung der im EG-Vertrag aufgeführten Grundfreiheiten (Niederlassungsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit) zu betrachten.

Gewisse Beschränkungen können aber unter bestimmten Umständen gerechtfertigt sein:

  • entweder im Falle von ausdrücklich in Artikel 46 oder 55 des EG-Vertrags vorgesehenen Ausnahmen
  • oder bei „zwingenden Gründen des Allgemeininteresses".

Nach Angaben der Kommission haben die Mitgliedstaaten zur Verteidigung ihrer Gebietsbeschränkungen vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) bisher folgende Argumente angeführt:

  • Steuerkontrolle;
  • Steuereinbußen;
  • Verhütung von Steuerumgehung;
  • Förderung der FuE sowie der Wettbewerbsfähigkeit des Landes.

Insgesamt gesehen bietet die Rechtsprechung reichhaltige und übereinstimmende Hinweise darauf, dass der EuGH Gebietsbeschränkungen bei der Anwendung von steuerlichen Anreizen zugunsten von FuE wahrscheinlich nicht akzeptiert. Bei der Planung ihrer steuerlichen Anreizmaßnahmen müssen die Mitgliedstaaten folglich berücksichtigen, dass jede Form der expliziten und bisweilen auch der impliziten Gebietsbeschränkung als mit dem EG-Vertrag unvereinbar erachtet werden wird. Dies schließt jedoch nicht Gebietsbeschränkungen aus, die sich einfach aus der territorial begrenzten steuerpolitischen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten ergeben. So kann sich eine Lohnsteuer- oder Sozialbeitragsvergünstigung für FuE-Mitarbeiter natürlich de facto nur auf Personen beziehen, die FuE-Tätigkeiten in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem sie besteuert werden oder Sozialbeiträge entrichten.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Vereinbarkeit von steuerlichen Anreizen mit den Gemeinschaftsregeln für staatliche Beihilfen. Nach Artikel 87 (ehemals Artikel 92) des EG-Vertrags sind derartige „staatliche Beihilfen oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen".

Steuerliche Anreize können staatliche Beihilfen darstellen, wenn sie

  • den Kriterien von Artikel 87 entsprechen;
  • von der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH erfasst sind;
  • nicht unter die De-minimis-Verordnung fallen.

Eines der wichtigsten Kriterien bei der Beurteilung, ob eine steuerliche Anreizmaßnahme eine staatliche Beihilfe darstellt, ist ihre Selektivität*.

Da bestimmte Ausnahmen möglich sind, prüft die Kommission die ihr vorgelegten staatlichen Beihilfen im Bereich Forschung, Entwicklung und Innovation (FuEuI) und insbesondere steuerliche Anreize zugunsten von FuE auf der Grundlage des „Gemeinschaftsrahmens für staatliche Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen". Darüber hinaus fordert sie die Mitgliedstaaten auf, diesen Gemeinschaftsrahmen in der gesamten Phase der Planung der Anreizmaßnahmen zu berücksichtigen.

Bewährte Modelle für die Gestaltung von FuE-Anreizen sowie für die steuerliche Behandlung von FuE

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Mitgliedstaaten, die FuE durch steuerliche Anreize fördern, stetig gestiegen und liegt mittlerweile bei 15. Die Erfahrungen zeigen, dass es kein Patentrezept für die Gestaltung und Umsetzung der Anreizmaßnahmen gibt, da die Gegebenheiten (allgemeine Steuerpolitik, Gewerbestruktur, Niveau und Art der FuE des Privatsektors usw.) von Land zu Land unterschiedlich sind.

Trotz dieser Unterschiede können jedoch eine Reihe von Grundprinzipien festgehalten werden.

Die steuerlichen Anreize müssen

  • möglichst viele Unternehmen einbeziehen
  • sämtliche laufenden Kosten umfassen
  • bestimmte Typen von Investitionsausgaben im Zusammenhang mit FuE berücksichtigen.

Außerdem gilt es

  • das Ziel der steuerlichen Anreizmaßnahmen herauszustellen, die Eigeninvestitionen der Unternehmen zu fördern, und die beabsichtigte Änderung der Haltung gegenüber diesen Ausgaben hervorzuheben
  • bereits in der Planungsphase die Bewertungskriterien sowie die für die Bewertung erforderlichen Daten zu berücksichtigen
  • im Nachhinein die Wirksamkeit der Anreizmaßnahmen, die Effizienz ihrer Umsetzung sowie die allgemeinen Auswirkungen in der Gesellschaft zu untersuchen.

Die im Anhang zu der Mitteilung aufgeführten Leitlinien wurden auf der Grundlage der Ergebnisse einer Expertenarbeitsgruppe unter Leitung des Ausschusses für wissenschaftliche und technische Forschung (CREST) aufgestellt. Die Kommission wird über ein Netz der nationalen Experten, das im Jahr 2007 gebildet wird, weiterhin den Erfahrungsaustausch und die Ermittlung der bewährten Verfahren fördern.

Vorschläge zur Bewältigung von Problemen von gemeinsamem Interesse

Abgesehen von der Berücksichtigung der oben erläuterten Grundprinzipien durch die Mitgliedstaaten hebt die Kommission eine Reihe von Initiativen zur Vereinbarung von Steuerpolitik und Wissenswirtschaft auf Ebene der EU hervor, die wünschenswert wären.

Die Kommission ruft die Mitgliedstaaten auf, die konkrete Umsetzung eines kohärenten steuerlichen Rahmens mit folgenden Zielen zu diskutieren:

  • Förderung der Einleitung großer transnationaler FuE-Projekte
  • Unterstützung für junge innovative Unternehmen
  • Förderung der Forschungsfinanzierung durch Stiftungen
  • Erhöhung der grenzüberschreitenden Mobilität von Forschern
  • Förderung der Vergabe von FuE-Arbeiten in andere EU-Länder
  • Vereinfachung der Mehrwertsteuervorschriften und ihrer Anwendung im FuE-Bereich durch öffentliche Einrichtungen
  • Einführung einer gemeinsamen steuerlichen Definition von FuE
  • Berücksichtigung der steuerlichen Behandlung von FuE bei der gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB).

Hintergrund

Im Rahmen der Belebung der Lissabon-Strategie zu Beginn des Jahres 2005 setzte sich die Europäische Union das Ziel, dass bis 2010 3% des BIP in Forschung und Entwicklung investiert werden, zwei Drittel davon durch den Privatsektor. Vor diesem Hintergrund schaffen immer mehr Mitgliedstaaten steuerliche Anreize zugunsten des FuE-Bereichs. Durch die zunehmende Divergenz der steuerlichen Anreizmaßnahmen könnte jedoch nicht nur die Steuerlandschaft noch weiter zersplittert werden, sondern es droht auch eine Beeinträchtigung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit.

Schlüsselwörter des Rechtsakts

  • Gebietsbeschränkungen: Maßnahmen oder Faktoren, durch die, explizit oder implizit, FuE-Tätigkeiten in einem Mitgliedstaat gegenüber solchen in anderen Mitgliedstaaten bevorzugt werden.
  • Explizite Gebietsbeschränkung: Eine explizite Beschränkung ist beispielsweise eine Rechtsvorschrift, aufgrund derer ein steuerlicher Anreiz nur für im Inland durchgeführte FuE-Aktivitäten in Anspruch genommen werden kann.
  • Implizite Gebietsbeschränkung: Eine implizite Beschränkung ist beispielsweise ein steuerlicher Anreiz, der zwar auch die Aufwendungen für an Unterauftragnehmer weitervergebene FuE-Arbeiten betrifft, bei dem jedoch der Anteil der FuE-Tätigkeiten, der an nicht gebietsansässige Unternehmen weitervergeben werden kann, begrenzt ist.

VERBUNDENE RECHTSAKTE

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 13. September 2006: „Kenntnisse in die Praxis umsetzen: Eine breit angelegte Innovationsstrategie für die EU" [KOM(2006) 502 endg.- Nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 25. Oktober 2005: „Der Beitrag der Steuer- und Zollpolitik zur Lissabon-Strategie" [KOM(2005) 532 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 12. Oktober 2005: „Mehr Forschung und Innovation - In Wachstum und Beschäftigung investieren - Eine gemeinsame Strategie" [KOM(2005) 488 endg. - Amtsblatt C 49 vom 28.2.2006]

Mitteilung der Kommission: „In die Forschung investieren: Aktionsplan für Europa" [KOM(2003) 226 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

Letzte Änderung: 08.02.2007

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