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Haftung für fehlerhafte Produkte (Grünbuch)

1) ZIEL

Angestrebt werden ein optimales System zur Sicherstellung einer möglichst guten Entschädigung der Opfer von auf fehlerhafte Produkte zurückzuführenden Schäden sowie die Verbesserung der Qualität der Produkte, ohne dass jedoch die Innovationskapazität der Industrie beeinträchtigt würde.

2) RECHTSAKT

Grünbuch der Kommission vom 28. Juli 1999: Die zivilrechtliche Haftung für fehlerhafte Produkte [KOM (1999) 396 endg. - nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

3) ZUSAMMENFASSUNG

Die Haftung für fehlerhafte Produkte ist in der Richtlinie 85/374/EWG geregelt, die durch die Richtlinie 1999/34/EG geändert worden ist. Das Grünbuch dient dazu, die Durchführung der Richtlinie einer Bewertung durch die gewerbliche Wirtschaft und die Verbraucher zu unterziehen sowie Lösungsansätze für eine etwaige Revision der Richtlinie vorzuschlagen.

Zur Vereinfachung der Anhörung über die Auswirkungen der Richtlinie 85/374/EWG schlägt die Kommission vor, folgende Parameter zu berücksichtigen:

  • den Beschwerdeindex (Zahl der Schadensfälle, der gerichtlichen Entscheidungen usw.;
  • das Angebot von sicheren Produkten auf dem Markt (z. B. Beschluss eines Herstellers, ein Produkt wegen möglicher Haftungsrisiken nicht zu vermarkten);
  • die Entwicklung der Produktionskosten und der Verkaufspreise, um insbesondere zu ermitteln, inwieweit die Kosten im Zusammenhang mit der Haftungsregelung auf den Preis der Produkte umgeschlagen werden;
  • die Unterschiede zwischen den Ausfuhrmärkten innerhalb und außerhalb der Europäischen Union;
  • die Beeinflussung der Innovationsfähigkeit der Industrie durch die Richtlinie.

Durchführung der Richtlinie 85/374/EWG

Der erste Teil des Grünbuches dient der Bewertung durch die Beteiligten der Auswirkungen der Richtlinie 85/374/EWG in Anbetracht der gesetzten Ziele:

  • Auswirkungen auf den Gemeinschaftshandel und auf die Ausfuhren nach Drittländern, insbesondere in Anbetracht der Wettbewerbsbedingungen, die sich aus der zivilrechtlichen Haftung der europäischen Hersteller ergeben, sowie auf die Ausfuhren auf Märkte, die schärfere Gesetze haben;
  • Auswirkungen auf den Gesundheitsschutz und die Sicherheit der Bürger: Wurden diese auf Grund der durch die Richtlinie 85/374/EWG vereinheitlichten Grundsätze entschädigt und wie rasch erfolgte die Entschädigung? Soll der ausgewogene Ansatz der Risikoverteilung zwischen Herstellern und Verbrauchern bestehen bleiben? Wie wird das Verhältnis zwischen den Entschädigungsmöglichkeiten gemäß der Richtlinie und jenen der Sozialversicherung bewertet?
  • Kosten für die Industrie (Versicherungsprämien, Gerichts- und Gutachterkosten, Wertverlust der Marke der verurteilten Gesellschaft usw.) und für den Versicherungssektor (Höhe der Versicherungsprämien, Schadensersatzbeiträge usw.).

Lösungsansätze

Der zweite Teil des Grünbuches enthält Lösungsansätze für eine etwaige Revision der Richtlinie 85/374/EWG. Einleitend wird auf die Ausgewogenheit der Richtlinie hingewiesen, die einen Kompromiss darstellt zwischen den Interessen der Geschädigten, die einen größtmöglichen Schutz zum geringsten Preis wünschen, und denjenigen der Hersteller, die Haftungsobergrenzen und so kurze Haftungsfristen wie möglich verlangen. Die Kommission befürwortet die Aufrechterhaltung dieses Gleichgewichtes.

Unbeschadet des Grundsatzes, wonach der Geschädigte die Beweislast zu tragen hat, wird im Grünbuch erklärt, dass die Modalitäten der praktischen Durchführung überprüft werden müssen. Um entschädigt zu werden, muss der Geschädigte die Fehlerhaftigkeit des Produkts und den Kausalzusammenhang zwischen Fehler und erlittenem Schaden beweisen. Die Beweisführung kann sehr schwierig und sehr teuer sein. Im Grünbuch werden mehrere Lösungen angeführt, die es ermöglichen, die Beweislast leichter zu erbringen:

  • Vermutung des Kausalzusammenhangs, wenn der Geschädigte den Schaden und den Fehler beweist;
  • Festlegung des Grades, der erforderlich ist für den Beweis (z. B. Wahrscheinlichkeit von mehr als 60 %);
  • Verpflichtung des Herstellers, dem Geschädigten alle notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen;
  • Verpflichtung des Herstellers, die Kosten der Gutachten zu übernehmen, die falls der Geschädigte unterliegt, von diesem rückerstattet werden;
  • im Falle eines Produktes, das von mehreren Herstellern erzeugt wird, bei dem jedoch nicht ermittelt werden kann, von welchem das fragliche Produkt stammt, könnte auf den im amerikanischen Recht verankerten Grundsatz der „Market share liability" (Haftung für Marktanteile) zurückgegriffen werden, demzufolge der Geschädigte nur den Zusammenhang zwischen Schaden und inkriminiertem Produkt beweisen muss, ohne den Namen des Herstellers anzugeben.

In der Richtlinie 85/374/EWG ist die Möglichkeit vorgesehen, Hersteller nicht haftbar zu machen, wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem das Produkt in den Verkehr gebracht worden ist, nach dem objektiven Stand der Wissenschaft und Technik nicht erkannt werden konnte, das es einen Fehler aufwies. Obwohl einzelne Mitgliedstaaten diesen Haftungsausschluss bereits einseitig abgeschafft haben (die Richtlinie bietet den Mitgliedstaaten diese Möglichkeit), wird im Grünbuch die Frage nach den Auswirkungen eines allgemeinen Haftungsausschlusses gestellt:

  • für die Industrie, insbesondere im Hinblick auf ihre Fähigkeit Neuerungen einzuführen;
  • für die Versicherungsbranche, insbesondere im Hinblick auf die Versicherungsfähigkeit solcher Risiken.

Die Kommission fragt sich ebenfalls, ob die in der Richtlinie vorgesehenen Haftungsgrenzen aufrechterhalten werden sollen:

  • Selbstbeteiligung der Geschädigten: Die Hersteller müssen keinen Ersatz für Schäden an Sachen leisten, die 500 Euro nicht übersteigen; oder
  • Begrenzung der Haftung des Herstellers für körperliche Schäden, die physische Personen durch Serienunfälle erleiden.

Die Richtlinie 85/374/EWG sieht eine Frist von zehn Jahren vor, nach Ablauf derer der Hersteller nicht mehr haftet. Trotz des größeren finanziellen Risikos für die Hersteller und ihre Versicherer könnte diese Frist verlängert werden, um Schäden abzudecken, die nach Ablauf der Frist von zehn Jahren auftreten.

Was die Haftpflichtversicherung der Hersteller betrifft, führt das Grünbuch folgende Möglichkeiten auf:

  • den Herstellern eine Versicherungspflicht auferlegen, um die Risiken, die sich aus ihren Produkten ergeben, abzudecken; oder
  • Förderung freiwilliger Vereinbarungen zwischen Industrie und Versicherungsunternehmen.

Was die Transparenz betrifft, insbesondere im Hinblick auf Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Haftung des Herstellers, verweist das Grünbuch auf zwei in den Vereinigten Staaten gebotene Möglichkeiten:

  • „Jury verdict reporters" tragen Informationen zusammen über die Anzahl der Fälle, die betroffenen Produkte und die Verantwortlichen; die Informationen werden anschließend allgemein bekannt gegeben;
  • außerdem verpflichtet der Gesetzgeber die Hersteller dazu, Fälle im Zusammenhang mit fehlerhaften Produkten bekannt zu geben, wenn

- das Produkt den Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung verursacht hat;

- mindestens drei Verfahren gerichtlich anhängig sind

- ein Urteil zu Gunsten des Klägers ergangen ist oder zwischen den Parteien ein Vergleich geschlossen wurde.

Vergleichbare Maßnahmen könnten vorgesehen und in die gemeinschaftliche Regelung bezüglich der Haftung für fehlerhafte Produkte aufgenommen werden.

Anschließend wird im Grünbuch untersucht, unter welchen Voraussetzungen der Lieferant haftbar gemacht werden kann. Sollte die durch die Richtlinie 85/374/EWG eingeführte verschuldensunabhängige Haftung auf alle Gewerbetreibende der Absatzkette für ein Produkt ausgedehnt werden, soweit ihre Tätigkeit die Sicherheitseigenschaften eines auf den Markt gebrachten Produkts beeinflusst hat, z. B. bei Wiederverpackung, Transport oder Lagerung?

Die Bestimmung des Anwendungsbereiches der Richtlinie kommt ebenfalls zur Sprache. Sollte er auf unbewegliche Sachen ausgedehnt werden? Die jetzige Regelung erfasst Tod und Körperverletzung sowie Sachschäden, sofern die Sache zum privaten Gebrauch bestimmt ist. Soll die Ausnahme der ideellen und psychischen Schäden und der Schäden an Gütern, die zum gewerblichen Gebrauch bestimmt sind, bestehen bleiben?

Die letzte im Grünbuch angesprochene Möglichkeit handelt vom Zugang der Geschädigten zur Justiz. Insbesondere wird auf die Unterlassungsklage und die Gruppenklage eingegangen.

4) durchführungsmassnahmen

5) weitere arbeiten

Der zweite Bericht der Kommission über die Durchführung der Richtlinie 85/374/EWG [KOM(2000) 893 endg.] stützt sich zum Großteil auf die Ergebnisse des durch das Grünbuch eingeleiteten Anhörungsverfahrens.

See also

Weitere Informationen sind auf der Webseite der für Unternehmen und Industrie zuständigen Generaldirektion abrufbar.

Letzte Änderung: 23.05.2005

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