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Paralleleinfuhren von Arzneispezialitäten

In der Europäischen Union gibt es umfangreiche Parallelimporte von Arzneimitteln, was darauf zurückzuführen ist, dass die von den Regierungen der Mitgliedstaaten im Gesundheitssektor festgelegten Preise sehr unterschiedlich sind. Vor dem Hintergrund des freien Warenverkehrs betrachtet die Kommission die Paralleleinfuhr unter der Voraussetzung als legal, dass weder die öffentliche Gesundheit gefährdet wird noch gewerbliche oder kommerzielle Eigentumsrechte verletzt werden.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission vom 30. Dezember 2003 über „Paralleleinfuhren von Arzneispezialitäten, deren Inverkehrbringen bereits genehmigt ist" [KOM(2003) 839 - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

ZUSAMMENFASSUNG

Unter der Paralleleinfuhr eines Arzneimittels ist zu verstehen, dass ein Produkt außerhalb der offiziellen Vertriebskanäle des Herstellers oder des Lizenznehmers aus einem Mitgliedstaat in einen anderen eingeführt und dort in Verkehr gebracht wird.

Die Kommission weist darauf hin, dass die Parallelimporte im Einklang mit dem Grundsatz des freien Warenverkehrs eine legale Handelsform im Binnenmarkt darstellen. Bei der Paralleleinfuhr von Arzneimitteln macht man sich die unterschiedlichen Preise zunutze, die die nationalen Regierungen zur Kontrolle der Gesundheitsausgaben festlegen. Der Parallelimport von Arzneimitteln ist zwar legal, es gelten jedoch einige Ausnahmeregelungen zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen und des gewerblichen und kommerziellen Eigentums.

Mit dieser Mitteilung soll der Grundsatz des freien Warenverkehrs im Arzneimittelsektor bekräftigt und definiert werden, was im Bereich der Parallelimporte rechtlich zulässig ist.

Vereinfachtes Genehmigungsverfahren

Ein parallel importiertes Arzneimittel kann auf der Grundlage einer Genehmigung vertrieben werden, die nach einem gegenüber der Erstzulassung vereinfachten Verfahren erteilt wird, vorausgesetzt, die Parallelvermarktung birgt kein Risiko für die öffentliche Gesundheit. Nach Auffassung der Kommission ist dieses vereinfachte Verfahren für die Paralleleinfuhren gerechtfertigt, da das fragliche Produkt bereits eine nationale Zulassung auf der Grundlage vollständiger technischer Angaben erhalten hat.

Das vereinfachte Verfahren für ein parallel eingeführtes Arzneimittel gilt unter folgenden Voraussetzungen:

  • im Herkunftsmitgliedstaat liegt eine Genehmigung für das Inverkehrbringen des eingeführten Erzeugnisses vor und
  • das eingeführte Erzeugnis gleicht hinreichend einem Erzeugnis, für das im Einfuhrmitgliedstaat bereits eine Genehmigung besteht.

Die Gleichartigkeit von zwei Arzneimitteln gilt als hinreichend gegeben, wenn sie beide nach der gleichen Formel und unter Verwendung des gleichen Wirkstoffs hergestellt worden sind sowie die gleiche therapeutische Wirkung haben. Außerdem kann ein parallel eingeführtes Arzneimittel selbst dann gemäß dem vereinfachten Verfahren vertrieben werden, wenn das gleichartige Mittel, auf dem die Genehmigung basiert, vom Markt genommen wurde, immer vorausgesetzt, der Schutz der öffentlichen Gesundheit ist gewährleistet.

Schutz und Erschöpfung gewerblicher und kommerzieller Eigentumsrechte

Die gewerblichen und kommerziellen Eigentumsrechte auf dem Arzneimittelsektor sind im Wesentlichen Angelegenheit der Mitgliedstaaten. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass diese Rechte geschützt werden müssen, dass aber auch ihr Missbrauch zur Schaffung von Monopolen verhindert werden muss. In einem solchen Fall endet der Schutz und die gewerblichen und kommerziellen Eigentumsrechte gelten als erschöpft, da sie den innergemeinschaftlichen Handel behindern. Im Allgemeinen tritt die Erschöpfung des Arzneimittelpatents ein, sobald das Produkt auf den Markt gebracht worden ist, so dass der Hersteller keinerlei Handhabe mehr über das hat, was mit dem Erzeugnis geschieht, nachdem es zum Verkauf angeboten worden ist.

Die Kommission fasst die Definition des Rechts auf den Schutz der gewerblichen und kommerziellen Eigentumsrechte eng, indem sie dem Hersteller die Kontrolle über den Gebrauch der Marke, aber nicht notwendigerweise über das Produkt zuerkennt. Fälschungen schaden unmittelbar der Marke, wohingegen die Paralleleinfuhren zum freien Wettbewerb im Arzneimittelsektor gemäß den Grundsätzen des Binnenmarkts führen. Ein Hersteller darf seine gewerblichen und kommerziellen Eigentumsrechte nicht dazu in Anspruch nehmen, die Paralleleinfuhr eines Arzneimittels zu verhindern, das bereits in einem anderen Mitgliedstaat vorschriftsmäßig in den Verkehr gebracht wurde.

Markenschutz und Umpacken

Die Kommission vertritt die Auffassung, dass das Umpacken eines parallel importierten Arzneimittels unter derselben oder einer anderen Marke aus sprachlichen Gründen oder wegen der Verpackungsgröße gerechtfertigt sein kann. Theoretisch kann das Umpacken den gewerblichen und kommerziellen Eigentumsrechten, durch die Marke und Hersteller geschützt sind, zuwiderlaufen. Die Kommission nennt aber fünf Voraussetzungen, unter denen das Umpacken eines Arzneimittels in der Praxis keinen Verstoß gegen die Markenrechte des Inhabers darstellt.

Der Inhaber einer Marke kann sich dem Umpacken eines Arzneimittels nicht widersetzen, wenn:

  • der Gebrauch des Markenrechts durch den Inhaber zur künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten beiträgt;
  • das Umpacken den Originalzustand der Ware nicht beeinträchtigt;
  • auf der neuen Verpackung angegeben ist, von wem das Erzeugnis hergestellt und umgepackt wurde;
  • das umgepackte Arzneimittel nicht so aufgemacht ist, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann und
  • der Markeninhaber schriftlich unterrichtet wird, bevor das umgepackte Erzeugnis zum Kauf angeboten wird.

Die Kommission betont, dass das Umpacken nicht nur aus kommerziellen Gründen geschehen darf, sondern tatsächlich notwendig sein muss. Nicht gerechtfertigt ist beispielsweise das Umpacken eines parallel eingeführten Arzneimittels, das im Bestimmungsmitgliedstaat auf den Markt gebracht werden kann, indem einfach die Etikettierung geändert wird. Außerdem kann der Markeninhaber vom Importeur ein Muster der umgepackten Ware fordern, damit er den Zustand des Arzneimittels und seine Aufmachung überprüfen kann.

Hintergrund

Diese Mitteilung ist eine Aktualisierung der Mitteilung der Kommission aus dem Jahr 1982 und berücksichtigt die relevante Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Seitdem ein Vorschlag der Kommission über Parallelimporte 1981 scheiterte, konnten die Organe der Union keine gesetzliche Einigung in diesem Bereich erzielen.

VERBUNDENE RECHTSAKTE

Mitteilung der Kommission vom 6. Mai 1982 über Paralleleinfuhren von Arzneimitteln (PDF) [Amtsblatt C 115 vom 6. Mai 1982].

Mitteilung der Kommission vom 25. November 1998 über den Binnenmarkt für Arzneimittel [KOM(1998) 588 - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

Letzte Änderung: 06.10.2005

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