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Verfahren der Zusammenarbeit für den Katastrophenschutz

Das Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz unterstützt und erleichtert die Mobilisierung der Rettungsdienste bei der Soforthilfe für die Länder, die von einer Katastrophe betroffen oder bedroht sind. Es verbessert die Koordinierung der Katastrophenschutzeinsätze, indem es die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten und der Kommission festlegt und bestimmte Verfahren und Einrichtungen wie z. B. das Beobachtungs- und Informationszentrum einführt.

RECHTSAKT

Entscheidung 2007/779/EG, Euratom des Rates vom 8. November 2007 über ein Gemeinschaftsverfahren für Katastrophenschutz (Neufassung).

ZUSAMENFASSUNG

Es wird ein Verfahren der Zusammenarbeit eingeführt, um die Koordination des Einsatzes der Katastrophenschutzdienste in einem schweren Notfall zu verbessern. Diese Notfälle können sich infolge von Naturkatastrophen, technischen Havarien, Strahlenunfällen oder Umweltkatastrophen (einschließlich unfallbedingter Meeresverschmutzung) oder eines Terroranschlags ereignen und innerhalb oder außerhalb der Europäischen Union (EU) eintreten oder drohen.

Diesem Verfahren liegen insbesondere folgende Bestandteile und Maßnahmen zugrunde:

  • Ermittlung der Einsatzteams, die in den Mitgliedstaaten für Hilfseinsätze bei Notfällen verfügbar sind;
  • Ausarbeitung eines Ausbildungsprogramms für die Einsatzteams;
  • Durchführung von Workshops, Seminaren und Pilotprojekten zu wichtigen Einsatzaspekten;
  • Aufstellung von Bewertungs- und Koordinierungsteams;
  • Einrichtung eines Informations- und Beobachtungszentrums (MIC) und eines gemeinsamen Kommunikations- und Informationssystems;
  • Einrichtung eines gemeinsamen Kommunikations- und Informationssystems für Notfälle (CECIS) zwischen dem MIC und den Kontaktstellen der Mitgliedstaaten;
  • Beiträge zur Entwicklung von Detektions- und Frühwarnsystemen;
  • Erleichterung des Zugangs zu Material und Transportmitteln durch Information über die in den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden Hilfsmittel und durch die Ermittlung der aus anderen Quellen stammenden Ressourcen;
  • Bereitstellung zusätzlicher Transportmittel.

Vorbereitung auf Notfälle

Im Hinblick auf die Durchführung des vorliegenden Verfahrens haben die Mitgliedstaaten insbesondere folgende Maßnahmen zu ergreifen:

  • Ermittlung der innerhalb von 12 Stunden nach Eingang des Hilfeersuchens verfügbaren Einsatzteams;
  • Benennung der Personen, die in einem Evaluierungs- oder Koordinierungsteam eingesetzt werden können;
  • Einrichtung interoperabler Einsatzmodule, die die Hilfsmittel eines oder mehrerer Mitgliedstaaten bündeln und die in Notfällen Hilfseinsätze durchführen können;
  • Prüfung der Möglichkeit zur Bereitstellung von zusätzlichem Fachpersonal in besonderen Notfällen;
  • Bereitstellung einschlägiger Informationen zur Anwendung des Verfahrens; binnen sechs Monaten nach Annahme dieser Entscheidung;
  • Bestimmung der zuständigen Behörden und Kontaktstellen für die Durchführung dieser Entscheidung.

Außerdem können die Mitgliedstaaten, die dies wünschen, bei einem Hilfeersuchen Informationen über die verfügbaren militärischen Mittel übermitteln.

Die Europäische Kommission ihrerseits übernimmt u. a. Aufbau und Verwaltung des MIC, des CECIS und des Ausbildungsprogramms für die Einsatzteams. Außerdem sorgt sie für die Bereitstellung von kleinen Expertenteams und deren Entsendung in das betroffene Gebiet, um den Bedarf zu ermitteln und gegebenenfalls die Koordinierung der Maßnahmen vor Ort zu erleichtern. Außerdem erstellt sie ein Programm zur Auswertung und Verbreitung der bei den Einsätzen gesammelten Erfahrungen und sammelt und bündelt die Informationen über die nationalen Kapazitäten im Bereich der medizinischen Ressourcen.

Die Informationen über die für Katastrophenschutzeinsätze zur Verfügung stehenden nationalen Ressourcen werden in einer Datenbank erfasst. Bereitgestellt wird auch der Inhalt der militärischen Datenbank, die vom Militärstab der Europäischen Union (EUMS) erarbeitet wird und eine Übersicht über die verfügbaren Ressourcen zur Bewältigung der Folgen von Katastrophenfällen gibt.

Reaktion auf Katastrophenfälle

Operatives Organ dieses Verfahrens ist das Beobachtungs- und Informationszentrum (MIC - „Monitoring and Information Center") bei der Europäischen Kommission in Brüssel. Durch dieses Zentrum, das rund um die Uhr tätig ist, kann die Kommission im Ernstfall den Einsatz der Katastrophenschutzkräfte aus den Mitgliedstaaten erleichtern.

Jeder von einer Katastrophe betroffene oder bedrohte Teilnehmerstaat innerhalb oder außerhalb der EU kann direkt bei einem Mitgliedstaat oder über das Beobachtungs- und Informationszentrum (MIC) Hilfe anfordern. Das MIC leitet das Hilfeersuchen umgehend an das Netz nationaler Kontaktstellen weiter. Diese teilen dem MIC mit, ob sie in der Lage sind, Hilfe zu leisten. Danach wertet das MIC die eingegangenen Antworten aus und unterrichtet das Land, das die Hilfe angefordert hat, über bestehende Hilfsmöglichkeiten. Das betreffende Land wählt dann die Art von Hilfe aus, die es benötigt, und nimmt mit den Ländern Verbindung auf, die diese Hilfe anbieten. Das MIC kann auch selbst technische Hilfe leisten, etwa durch leichteren Zugang zu Satellitenbildern; außerdem dient es als Informationszentrum, das Daten sammelt, regelmäßig aktualisiert und allen teilnehmenden Ländern übermittelt.

Die Verantwortung für die Leitung der Hilfseinsätze liegt beim antragstellenden Staat, wogegen die Einzelheiten der Durchführung der vom Hilfe leistenden Staat benannten Person obliegen. Der antragstellende Staat kann die Leitung der Hilfsmaßnahmen den Einsatzteams übertragen, die dann ihre Maßnahmen - gegebenenfalls mit Unterstützung der mit der Bewertung und/oder Koordinierung betrauten Expertenteams - koordinieren müssen.

Bei Hilfseinsätzen in Drittländern übernimmt der Ratsvorsitz die politische und strategische Koordination der Maßnahmen, während die Kommission die operationelle Kontrolle behält. Zu den Aufgaben der operationellen Koordination zählen insbesondere der Dialog und der Kontakt mit den nationalen Kontaktstellen, dem betroffenen Drittland und wichtigen Akteuren wie den Diensten der Vereinten Nationen (VN). Sind die VN vor Ort vertreten, so übernehmen diese die allgemeine Koordination.

Die Teilnahme an dem Verfahren steht auch den EU-Beitrittskandidaten und Drittländern offen. An dem Verfahren, das jährlich eine Mittelzuweisung erhält, nehmen derzeit 30 Länder teil: die 27 EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen.

Die Kommission legt alle drei Jahre einen Bericht über die Umsetzung dieser Entscheidung vor.

Kontext

Im Januar 2006 hat die Kommission vorgeschlagen, das geltende Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz aufgrund der bisher gesammelten Erfahrungen zu verstärken und eine geeignete Rechtsgrundlage für künftige Maßnahmen in diesem Bereich zu schaffen. Diese Verstärkung soll dazu dienen, der zunehmenden Häufigkeit und Schwere der natürlichen und vom Menschen verursachten Katastrophen zu begegnen.

Das vorliegende Instrument der Zusammenarbeit, das aus diesem Kommissionsvorschlag hervorgegangen ist, ersetzt das mit der Entscheidung 2001/702/EG, Euratom eingeführte Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz, das mit der vorliegenden Entscheidung aufgehoben wird.

Bezug

Rechtsakt

Datum des Inkrafttretens

Termin für die Umsetzung in den Mitgliedstaaten

Amtsblatt

Entscheidung 2007/779/EG, Euratom

8.11.2007

-

ABl. L 314 vom 1.12.2007

VERBUNDENE RECHTSAKTE

Entscheidung 2007/162/EG, Euratom des Rates vom 5. März 2007 zur Schaffung eines Finanzinstruments für den Katastrophenschutz [Amtsblatt L 71 vom 10.3.2007].

Die EU verfügt über ein Instrument, das ihr ermöglicht, Maßnahmen zur Verhütung von, zur Vorbereitung auf und zum tatsächlichen Einsatz in Katastrophenfällen zu finanzieren, insbesondere solche, die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens durchgeführt werden. Dieses Finanzinstrument gilt für den Zeitraum 2007-2013 und ersetzt das mit der Entscheidung 1999/847/EG eingeführte Aktionsprogramm der Gemeinschaft.

Entscheidung 2004/277/EG, Euratom der Kommission vom 29. Dezember 2003 mit Bestimmungen zur Durchführung der Entscheidung 2001/792/EG, Euratom des Rates über ein Gemeinschaftsverfahren zur Förderung einer verstärkten Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen [Amtsblatt L 87 vom 25.3.2004].

Entschließung des Rates vom 22. Dezember 2003 zur Stärkung der gemeinschaftlichen Zusammenarbeit im Bereich der Katastrophenschutz-Forschung [Amtsblatt C 8 vom 13.1.2004]. Der Rat befürwortet die Förderung der Entwicklung von Forschungsvorhaben zur Verringerung natürlicher und technologischer Risiken und zur Begrenzung der Auswirkungen daraus resultierender Unfälle. Außerdem fordert er die Forschungseinrichtungen und andere einschlägige Stellen auf, sich gemeinsam Katastrophenschutzziele für die Verbesserung des Schutzes der europäischen Bürger gegen natürliche und technologische Risiken zu setzen.

Entschließung des Rates vom 19. Dezember 2002 über besondere Hilfen im Bereich des Katastrophenschutzes für Gebiete in äußerster Randlage und abgelegene Regionen, Inselregionen und schwer zugängliche Regionen sowie dünn besiedelte Gebiete in der Europäischen Union [Amtsblatt C 24 vom 31.1.2003]. Der Rat ist der Auffassung, dass für die Gebiete in äußerster Randlage, die abgelegenen Regionen, die Inselregionen, die schwer zugänglichen Regionen und die dünn besiedelten Gebiete geeignete, auf die jeweilige Lage zugeschnittene Maßnahmen erforderlich sind. Deshalb befürwortet er gemeinsame Projekte zwischen Gebieten, die dieselben Merkmale aufweisen, die Berücksichtigung dieser Merkmale bei der Planung für den Notfall, die Bildung spezieller Einsatzteams und die Entwicklung geeigneter effizienter und zuverlässiger Kommunikationskanäle.

Entschließung des Rates vom 28. Januar 2002 zur Verstärkung der Zusammenarbeit bei der Aus- und Fortbildung im Bereich Katastrophenschutz [Amtsblatt C 43 vom 16.2.2002]

Der Rat fordert die Kommission auf, Initiativen für den Aufbau eines Netzes von Ausbildungszentren und Schulen im Bereich des Katastrophenschutzes zu prüfen, das Projekt finanziell zu unterstützen und die Beitrittsländer daran zu beteiligen. Die Kommission wird ferner aufgefordert, die Möglichkeit der Einrichtung einer europäischen Akademie für Katastrophenschutz zur Fortführung dieser Zusammenarbeit zu prüfen.

Letzte Änderung: 18.08.2010

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