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EU Leitlinien zur Todesstrafe

Die Europäische Union (EU) macht die Ziele und ihre politische Haltung im Hinblick auf die weltweite Abschaffung der Todesstrafe bekannt. Wo die Todesstrafe noch existiert fordert die EU die Einhaltung von Mindestnormen.

RECHTSAKT

EU-Leitlinien zur Todesstrafe: überarbeitete und aktualisierte Fassung. Rat Allgemeine Angelegenheiten – 16. Juni 2008 [Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

ZUSAMMENFASSUNG

Nach der Unterzeichnung des Protokolls Nr. 13 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) setzen sich alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) für die dauerhafte Abschaffung der Todesstrafe unter allen Umständen ein. Außerdem sind sie der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verpflichtet, nach der „niemand (...) zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden darf“, und wenden sie auch an.

Um für eine bessere Einhaltung der Menschenrechte zu sorgen und so die Menschenwürde in Drittstaaten zu stärken, zielt die EU, als einem wesentlichen Bestandteil ihrer Menschenrechtspolitik, auf Folgendes ab:

  • Streben nach weltweiter Abschaffung der Todesstrafe, falls erforderlich mit sofortiger Einführung eines Moratoriums;
  • Aufruf zu einer verringerten Anwendung der Todesstrafe dort, wo sie noch existiert, und Bestehen auf der Einhaltung bestimmter Mindestnormen und eines Höchstmaßes an Transparenz bei deren Vollzug; gleichzeitig wird angestrebt, genaue Angaben über die Anzahl der verurteilten und hingerichteten Personen zu erhalten.

Art des Vorgehens

Zu den Schlüsselelementen des EU-Konzepts gehören allgemeine Demarchen, in deren Rahmen die EU ihre Ziele im Rahmen ihres Dialogs mit Drittländern verdeutlicht. Dabei liegt der Schwerpunkt auf

  • dem Rechtssystem des Drittlandes, seiner Arbeitsweise und dem Grad seiner Transparenz;
  • den internationalen Verpflichtungen, die Todesstrafe nicht einzusetzen;
  • Entwicklungen in den Zielen und politischen Haltungen bezüglich der Todesstrafe;
  • der Menschenrechtslage in diesem Drittland, wie diese in den Berichten internationaler Mechanismen dargestellt wird.

Die EU kann auch spezifische Demarchen in Erwägung ziehen, wenn sie Kenntnis von individuellen Fällen erhält, in denen die Mindestnormen verletzt wurden.

Darüber hinaus wird die EU ihre Maßnahmen an den Berichten zur Menschenrechtslage der EU-Missionsleiter orientieren. Diese sollten eine Analyse der Anwendung und Vollstreckung der Todesstrafe in dem betreffenden Land sowie eine Evaluierung der Auswirkungen der Maßnahmen der EU umfassen.

Die EU will Drittländer on der Abschaffung der Todesstrafe überzeugen, indem sie die Ratifizierung des 2. Fakultativprotokolls zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte fördert. In Fällen, in denen dies nicht möglich ist, wird die EU die Abschaffung der Todesstrafe als Ziel weiterverfolgen. Dies will sie durch andere Initiativen erreichen wie

  • die Förderung der Ratifizierung anderer internationaler Menschenrechtsinstrumente, insbesondere zur Todesstrafe;
  • die Förderung der bilateralen und multilateralen Zusammenarbeit mit dem Ziel, gerechte und unparteiische Gerichtsverfahren bei Straftaten einzuführen.

Die EU wird Initiativen für die Einführung eines Moratoriums für die Anwendung der Todesstrafe und ihremögliche Abschaffung in den einschlägigen multilateralen Gremien vorlegen. Außerdem wird sie die einschlägigen internationalen Organisationen zu Maßnahmen ermutigen, die die Ratifizierung internationaler Abkommen und Normen zur Todesstrafe unterstützen und ihre Einhaltung fördern.

Mindestnormen

Wo die Todesstrafe bestehen bleibt, müssen nach Auffassung der EU mindestens folgende Normen eingehalten werden:

  • Die Todesstrafe darf nur bei den schlimmsten vorsätzlichen und schwersten Verbrechen verhängt werden.
  • Die Todesstrafe darf nur verhängt werden, wenn sie für ein Verbrechen zum Tatzeitpunkt vorgesehen war; war zuvor eine niedrigere Strafe vorgesehen, ist diese zu verhängen.
  • Die Todesstrafe darf nicht verhängt werden gegen Personen, die zum Tatzeitpunkt jünger als 18 Jahre alt sind, gegen schwangere Frauen, gegen Mütter junger Kinder oder gegen geistig behinderte Personen.
  • Notwendigkeit klarer und überzeugende Beweise und eines gerechten Prozesses, in dem der Angeklagte Rechtsbeistand erhält.
  • Gestattung der Möglichkeit, im Einzelfall Revision einzulegen, wobei die zum Tode verurteilte Person das Recht haben muss, ein Ersuchen auf Umwandlung der Strafe zu stellen.
  • Die Todesstrafe muss mit möglichst wenig Leiden verbunden sein.

Hintergrund

1998 haben die EU-Mitgliedsstaaten beschlossen, ihre Maßnahmen im Bereich der Bekämpfung der Todesstrafe zu verstärken. Dazu verabschiedeten sie die erste Version dieser Leitsätze. Zu diesem Zeitpunkt war die Todesstrafe in den meisten EU-Mitgliedstaaten bereits abgeschafft und dort, wo sie noch nicht abgeschafft war, wurde sie nicht angewandt. Seitdem haben alle Staaten der Union das Protokoll Nr. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention über die Todesstrafe ratifiziert. Die Abschaffung der Todesstrafe ist im Übrigen auch eine der Aufnahmebedingungen für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union.

Die EU hat in der Folge beschlossen, ihre Maßnahmen im Rahmen internationaler Instanzen, insbesondere der Vereinten Nationen, zu intensivieren. Im Jahr 2007 hat sich die EU aktiv an der Initiative für ein Moratorium für die Anwendung der Todessstrafe beteiligt. Die Resolution dazu wurde auf der 62. Tagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. In dieser Resolution wird zur Beachtung von Mindeststandards aufgerufen, die Garantien zum Schutz der Rechte von Personen vorsehen, denen die Todesstrafe droht, zur schrittweisen Einschränkung der Anwendung der Todesstrafe und zur Einrichtung eines Moratoriums für Hinrichtungen. Des weiteren arbeitet die EU mit Nichtregierungsorganisationen (NROs) zusammen, vor allem durch das Finanzierungsinstrument für die weltweite Förderung der Demokratie und der Menschenrechte.

Letzte Aktualisierung: 30.09.2010

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