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Effizienz und Gerechtigkeit in den Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung der EU

 

ZUSAMMENFASSUNG DER DOKUMENTE:

Mitteilung (KOM(2006) 481 endgültig) – Effizienz und Gerechtigkeit in den europäischen Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung

Artikel 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)

Artikel 165 AEUV

WAS IST DER ZWECK DIESER MITTEILUNG UND DER ARTIKEL DES VERTRAGS?

  • Die Mitteilung soll die Bedeutung von Effizienz* und Gerechtigkeit* für die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in der EU unterstreichen und kommt zu dem Schluss, dass diese langfristige Schlüsselfaktoren für das Wettbewerbspotenzial und den sozialen Zusammenhalt sind. Es wird gefordert, das Reformtempo zu erhöhen, und dargelegt, welche Maßnahmen EU-Länder treffen sollten.
  • Artikel 9 AEUV zielt darauf ab, dass die Politik und Maßnahmen der EU einem hohen Beschäftigungsniveau, angemessenen sozialen Schutz, sozialer Integration, einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und der Gesundheit des Menschen Rechnung tragen.
  • Artikel 165 des AEUV umreißt, wie die EU zur Entwicklung von hochwertigen Bildungssystemen beitragen kann, indem sie zur Zusammenarbeit zwischen EU-Ländern fördert. Sie kann deren Handeln unterstützen und ergänzen, unter vollständiger Wahrung:
    • der Verantwortung der Länder für die Lehrinhalte und für die Gestaltung der Bildungssysteme und
    • der Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen.

WICHTIGE ECKPUNKTE

  • Politische Strategien im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung können die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ergebnisse der Bildung maßgeblich im positiven Sinne beeinflussen, aber Ungerechtigkeit in der allgemeinen und beruflichen Bildung kann auch immense versteckte Kosten verursachen, dazu zählen Steuerausfälle, die erhöhte Inanspruchnahme öffentlicher Mittel für die Gesundheitsfürsorge sowie die Kosten aufgrund der größeren Wahrscheinlichkeit von Kriminalität. Politische Strategien, die auf die Verminderung solcher Kosten abzielen, können folglich sowohl die Gerechtigkeit als auch die Effizienz verbessern.
  • EU-Länder können den Ertrag ihrer Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung dadurch maximieren, dass sie bei der Entscheidungsfindung über Systemreformen neben der Effizienz auch den Aspekt der Gerechtigkeit berücksichtigen. Sie sollten, wenn sie Ausgabenprioritäten festlegen, politische Strategien für das gesamte lebenslange Lernen entwickeln, die auf einer langfristigen Planung für die nationale und lokale Ebene beruhen.

Vorschulbildung: Das Lernen vom frühesten Kindesalter an in den Vordergrund stellen

  • Die Vorschulbildung liefert im Hinblick auf den Bildungserfolg und die soziale Eingliederung der Kinder die größten Erträge. Entsprechend sollten die EU-Länder ihre Investitionen in die Vorschulbildung verstärken, um eine Basis für das weitere Lernen zu schaffen, den Schulabbruch zu verhindern, mehr Gerechtigkeit bei den Bildungsergebnissen zu erreichen und das allgemeine Kompetenzniveau zu steigern. Wird nicht bereits im frühen Kindesalter genügend in die Bildung investiert, fallen später durch – weniger effiziente – Fördermaßnahmen weitaus höhere Kosten an. Hinzu kommen höhere Ausgaben in anderen Bereichen wie Verbrechensbekämpfung, Gesundheitsschutz, Arbeitslosenunterstützung und Sozialfürsorge.
  • Programme, bei denen das Lernen und die Entwicklung persönlicher und sozialer Kompetenzen gleichermaßen im Mittelpunkt stehen, erzielen in der Regel die besten Ergebnisse und somit auch eine bessere Hebelwirkung für den gesamten Lebensweg. Dabei ist das Engagement der Eltern entscheidend. In vielen EU-Ländern werden jedoch mehr speziell für den Vorschulbereich ausgebildete Lehrkräfte benötigt.

Primar- und Sekundarschulbildung: Die schulische Grundbildung für alle Bürger verbessern

  • Die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung sollten die grundlegenden Lern- und Schlüsselkompetenzen vermitteln, die alle Bürger benötigen. Dies ist insbesondere für einige benachteiligte Gruppen und in EU-Ländern mit zahlreichen Migranten und ethnischen Minderheiten von großer Bedeutung.
  • Der Großteil der einschlägigen Forschung legt nahe, dass die Differenzierung* von Schülern zu einem frühen Zeitpunkt die Wirkung der sozioökonomischen Herkunft auf den Bildungserfolg verstärken und langfristig nicht zu einer Effizienzsteigerung führen. Erfolgt die Differenzierung jedoch erst in der zweiten Hälfte der Sekundarschulzeit und wird die Möglichkeit geschaffen, zwischen den verschiedenen Schultypen zu wechseln, kann dies die Trennung der Gruppen abschwächen und zu mehr Gerechtigkeit führen, ohne dass die Effizienz darunter leidet.
  • Es deutet einiges darauf hin, dass die Leistungen der Schüler durch die Kombination der lokalen Autonomie der Bildungseinrichtungen mit zentralen Kontrollmechanismen verbessert werden können, die Gerechtigkeit hat jedoch höchste Priorität.
  • Die wichtigsten Faktoren für Effizienz und Gerechtigkeit sind Qualität, Erfahrung und Motivation der Lehrkräfte, die eine Schlüsselrolle für die Integration der am stärksten benachteiligten Schüler spielen. Die Entwicklung von Einstellungsstrategien, die eine qualitativ hochwertige Lehre für benachteiligte Schüler gewährleisten, sollte mit Nachdruck vorangetrieben werden.

Hochschulbildung: Die Investitionen verbessern und den Kreis der Studierenden vergrößern

  • Die kostenlose Hochschulbildung stellt nicht notwendigerweise Gerechtigkeit sicher. Um Effizienz und Gerechtigkeit gleichermaßen zu steigern, sollten die EU-Länder geeignete Bedingungen und Anreize für die Steigerung der öffentlichen und privaten Investitionen schaffen – einschließlich gegebenenfalls Studiengebühren in Verbindung mit begleitenden finanziellen Maßnahmen für benachteiligte Personen.
  • Die Hochschulen sollten für ein stärker differenziertes Angebot an Lehrveranstaltungen sorgen und Anreize schaffen, um die immer vielfältigeren Anforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft zu erfüllen.
  • EU-Länder sollten klare, heterogene Lernwege für die berufliche Bildung definieren, die auf kontinuierliche Weiterbildung und Beschäftigung ausgerichtet sind. Ferner sollten sie die staatlichen Berufsbildungsprogramme für Arbeitslose und benachteiligte Personen verbessern.

Maßnahmen der EU

  • Die EU-Länder spielen eindeutig die Hauptrolle bei der Bewältigung der beschriebenen Herausforderungen, während die EU gewährleistet, dass die vielfältigen Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung durch den Austausch vorbildlicher Verfahren, insbesondere im Bereich der Vorschulbildung, voneinander profitieren.
  • Das Programm für lebenslanges Lernen fördert die Auslandsmobilität von Millionen von Bürgern, die auf diese Weise die Möglichkeit erhalten, neue Kenntnisse zu erwerben und sich besser auf den europäischen Arbeitsmarkt einzustellen. Es nutzt die Strukturfonds der EU zur Förderung von Systemreformen und Projekten zur Weiterentwicklung des Bildungs- und Berufsbildungsangebots.

HINTERGRUND

Effizienz und Gerechtigkeit sind entscheidend für die Erreichung der Ziele der EU im Rahmen der ergriffenen Maßnahmen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung wie im Lissabon-Programm und der Strategie Europa 2020.

SCHLÜSSELBEGRIFFE

Effizienz: das Verhältnis zwischen Input und Output in einem Prozess. Systeme sind dann effizient, wenn der Input zum größtmöglichen Output führt. In Bildungssystemen wird Effizienz in der Regel mit Tests und Prüfungen gemessen, während deren Effizienz für Wirtschaft und Gesellschaft anhand der privaten und sozialen Erträge ermittelt wird.
Gerechtigkeit: ein gerechter Umgang mit den Bürgern in der allgemeinen und beruflichen Bildung in Bezug auf Chancen, Zugang, Gleichbehandlung und Ergebnisse. Gerechte Bildungssysteme gewährleisten, dass Ergebnisse nicht vom sozioökonomischen Hintergrund und anderen Faktoren der Benachteiligung in der Bildung abhängen, wie z. B. vom Geschlecht, der Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit, Behinderungen und regionalen Ungleichgewichten, und es wird auf die individuellen Lernbedürfnisse Rücksicht genommen.
Differenzierung: die frühe Aufteilung der Schüler je nach Fähigkeiten auf verschiedene Schultypen vor dem Alter von 13 Jahren. Dies impliziert nicht unbedingt eine Differenzierung in allgemeinbildende und berufsbildende Schulen, in der Praxis ist dies jedoch häufig der Fall. Diese Definition deckt jedoch nicht die Binnendifferenzierung ab, d. h. die Differenzierung innerhalb einer Schule, bei der der Lehrplan je nach Fähigkeiten auf verschiedene Schülergruppen zugeschnitten wird.

HAUPTDOKUMENT

Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – Erster Teil – Grundsätze – Titel II – Allgemein geltende Bestimmungen – Artikel 9 (ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 53)

Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – Dritter Teil – Die internen Politiken und Maßnahmen der Union – Titel XII – Allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport – Artikel 165 (ex-Artikel 149 EGV) (ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 120-121)

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Effizienz und Gerechtigkeit in den europäischen Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung (KOM(2006) 481 endgültig vom 8.9.2006)

VERBUNDENE DOKUMENTE

Gemeinsamer Bericht 2015 des Rates und der Kommission über die Umsetzung des strategischen Rahmens für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung (ET 2020) – Neue Prioritäten für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung (ABl. C 417 vom 15.12.2015, S. 25-35)

Schlussfolgerungen des Rates zur frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung: der bestmögliche Start für alle unsere Kinder in die Welt von morgen (ABl. C 175 vom 15.6.2011, S. 8-10)

Mitteilung der Kommission – Frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung: Der bestmögliche Start für alle unsere Kinder in die Welt von morgen (KOM(2011) 66 endgültig vom 17.2.2011)

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 27. September 2007 zur Effizienz und Gerechtigkeit in den europäischen Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung (ABl. C 219E vom 28.8.2008, S. 300-306)

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Effizienz und Gerechtigkeit in den europäischen Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung und europäischer Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen“: (ABl. C 146 vom 30.6.2007, S. 77-84)

Letzte Aktualisierung: 22.03.2018

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